Thüringer Allgemeine (Gotha)

Regenkönig Ludwig der Erste

Rennrodeln: Oberhofer Olympiasie­ger bejubelt ersten Weltcuptri­umph auf seiner Heimbahn

- Von Axel Eger Mehr Fotos vom Weltcup: www.thueringer-allgemeine.de

Oberhof. Als sich Johannes Ludwig gestern Mittag zur abschließe­nden Teamstaffe­l Richtung Herrenstar­t aufmachte, saß er erneut auf einem Siegerschl­itten – die deutschen Rennrodler gewannen auch diesen vierten Wettbewerb der beiden Wettkampft­age. Zum anderen saß der 33-Jährige auch auf gepackten Koffern. Von Oberhof aus fuhren die Deutschen noch am Nachmittag nach Frankfurt. Von dort geht es heute per Charterflu­g weiter nach Sotschi, wo schon morgen das erste Training für die Weltmeiste­rschaften auf dem Plan steht. Ein RodelLeben im Schnelldur­chlauf.

Dabei hat niemand so gut das Warten gelernt wie Ludwig, der in einem verrückten Oberhofer Einzelrenn­en den ersten Weltcupsie­g auf seiner Heimbahn bejubeln konnte. Wie schon in der Woche zuvor hatte Ludwig zur Aufholjagd im zweiten Lauf geblasen und stand wie in Sigulda am Ende tatsächlic­h wieder ganz oben. Vom 24. Platz fuhr der Team-Olympiasie­ger im strömenden Regen zum Triumph, weil alle folgenden Starter in der Oberhofer Wasserruts­che machtlos gegen die Unbilden des Wetters waren. Bei Nässe und Plustemper­aturen war das Eis immer weicher geworden. Wer später dran war, den bestrafte Petrus. Fast eine Dreivierte­lstunde stand Ludwig in der LeaWeltcup­triumph. derbox des Führenden und konnte das Scheitern der Konkurrenz beobachten.

„Das war sicher kein normales Rennen“, sagte er, „aber ich mache jetzt mal gute Miene zum bösen Wetterspie­l.“Der erste Heimsieg und der zweite Weltcupsie­g hintereina­nder machten den Bronzemeda­illengewin­ner von Pyeongchan­g jedenfalls „sehr glücklich“.

Nach dem ersten Lauf hatte er aufgrund seiner hohen Startnumme­r acht Zehntel Rückstand zur Spitze. Als Bundestrai­ner Norbert Loch ihm sagte, dass da noch etwas drin ist, wollte es Ludwig nicht so recht glauben. Doch weil im zweiten Lauf in umgekehrte­r Reihenfolg­e des Klassement­s gestartet wird, war er nun früh dran. Also hat er sich oben am Start an Sigulda erinnert und mit der Bestzeit im Finaldurch­gang das zweite Wunder binnen einer Woche vollbracht.

Eine bemerkensw­erte Leistung zeigte auch Felix Loch, der rechtzeiti­g vor der WM zu alter Form zurückzufi­nden scheint. Mit zwei gleichmäßi­g starken Läufen fuhr er nach vielen Enttäuschu­ngen in dieser Saison trotz schlechter Startnumme­r auf den fünften Platz. „Damit haben wir zwei Top-Männer, die bei der WM ganz vorn mitfahren können“, sagte der Bundestrai­ner, für den der Russe Roman Repilow dennoch der Favorit bleibt.

Eine Überraschu­ng erlebten die insgesamt 6300 Zuschauer im gestrigen Damenrenne­n. Anna Berreiter, erst im Herbst ins deutsche Team gerückt, fuhr bei erneut widrigen Bedingunge­n zu ihrem ersten

„Oberhof ist nicht meine Lieblingsb­ahn. Deshalb fra- ge ich mich gerade, wie mir dieser Sieg gelungen ist“, staunte die erst 20 Jahre alte Berchtesga­denerin im Ziel. Mit dem zweiten Platz holte sich WM-Favoritin Tatjana Iwano- wa aus Russland die Weltcupfüh- rung von Julia Taubitz zurück. Die Wahl-Oberhoferi­n hatte am Start „ein paar Federn gelassen“, wie Bundestrai­ner Loch bemerkte. Hin- ter der US-Amerikaner­in Summer Britcher verpasste Taubitz das Podi- um um drei Hundertsek­unden.

Ein spannendes Weltcupfin­ale verspricht das ewige Duell der deutschen Doppelsitz­er zu werden. Die siegreiche­n Tobias Wendl/Tobias Arlt kauften diesmal den Lokalma- tadoren Toni Eggert/Sascha Bene- cken den Schneid ab und kamen in der Gesamtwert­ung bis auf zehn Punkte an die Thüringer Weltmeis- ter heran. Erstmals seit vier Jahren waren Eggert/Benecken noch hin- ter den Winterberg­ern Robin Geue- ke/David Gamm nur als drittbeste­s deutsches Doppel ins Ziel gefahren.

Den sechsten Platz auf der Heim- bahn nannte Benecken ohne Um- schweife „dramatisch“, sah aber zugleich einen Mut machenden zwei- ten Lauf, in dem sie trotz schlechten Starts im unteren Bahnteil mit den Siegern nahezu gleichauf lagen.

„Es war laut, es war cool, es war Stimmung. Trotz des richtig schlechten Wetters war es richtig schön.“

Moritz Bollmann (Sonneberg), 15.

Erster Lauf: 10. / Zweiter Lauf: 20.

„Ich weiß nicht, ob mich die Platzierun­g wirklich ärgert. Es war ein superschön­er zweiter Lauf, von daher kann ich mir nichts vorwerfen.“

Sebastian Bley (Suhl), 18.

Erster Lauf: 5. / Zweiter Lauf: 29.

„Ich kann das nur abhaken. Kann zu Familie und Freunden, die spenden etwas Trost. Die Fans sind der Wahnsinn. Respekt, wer bei diesem Wetter hier raus kommt.“

Max Langenhan (Friedrichr­oda), 12.

Erster Lauf: 26. / Zweiter Lauf: 7.

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FOTO: SASCHA FROMM Johannes Ludwig im Oberhofer Ziel: Ein Dankeschön an die Fans, die im Regen stundenlan­g ausharrten.

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