Thüringer Allgemeine (Gotha)

Schaffen E-Autos jetzt den Durchbruch?

Die Hersteller gehen in diesem Jahr in die Elektro-Offensive – auch aus Angst vor Milliarden­strafen der EU

- Von Alexander Klay

Berlin. Die Elektromob­ilität nimmt in Deutschlan­d langsam Fahrt auf. 2019 sind 60 Prozent mehr Elektroaut­os und Plug-in-Hybride auf die Straße gekommen als im Vorjahr. Immerhin 107.500 der 3,5 Millionen Neuwagen haben einen umweltfreu­ndlichen Antrieb. Ab diesem Jahr müssen die Hersteller die Zahlen noch deutlich steigern. Sonst drohen wegen strenger EU-Vorgaben zum CO2-Ausstoß Milliarden­strafen. Doch ausgerechn­et höhere Kaufprämie­n, die die Elektromob­ilität voranbring­en sollen, erweisen sich als massiver Bremsklotz.

Im vergangene­n Herbst hatten sich Politik und Industrie auf einen deutlichen Ausbau der Förderung geeinigt. Der Umweltbonu­s für Elektroaut­os, den sich Hersteller und Staat teilen, wird nun bis Ende 2025 für bis zu 700.000 Neuwagen gezahlt. Für Autos mit einem Listenprei­s von bis zu 40.000 Euro steigt die Prämie von 4000 auf 6000 Euro. Für Fahrzeuge mit einem Preis von bis zu 65.000 Euro gibt es künftig 5000 Euro. Wer sich teurere Autos wie Teslas Luxusmodel­le S und X oder den Audi e-tron leistet, bekommt nichts.

Allein – wann die höhere Förderung kommt, ist offen. Die EU-Kommission muss die erhöhte Förderung absegnen. Das Bundeswirt­schaftsmin­isterium ließ eine Anfrage unserer Redaktion dazu offen. Die unklare Situation wirkt sich spürbar auf die Zulassungs­zahlen aus. „Statt Wachstum ist Abbruch angesagt“, sagt Autoexpert­e Ferdiwie nand Dudenhöffe­r, Leiter des CARInstitu­ts an der Universitä­t Duisburg-Essen.

Im Oktober 2019 haben Privatkund­en nur 1120 Autos mit reinem Elektroant­rieb neu zugelassen. Nach Zahlen des CAR-Instituts ist das fast ein Drittel weniger als im Vorjahresm­onat. Rechnet man das erwartete Wachstum hinzu, beträgt der Einbruch gar 40 Prozent. Generell ist die Nachfrage bei Privatkund­en mau. Sie kauften 2019 nur jedes vierte Elektro- oder Hybridauto.

ADAC-Vizepräsid­ent Gerhard Hillebrand fordert daher, dass Hinderniss­e

Welche Automarken stoßen das meiste CO2 aus?

Spielen Sie unser Auto-Quartett in der „Klima-Edition“– und erfahren Sie, welchen Anteil die SUVs am hohen CO2-Ausstoß haben. interaktiv.thueringer-allgemeine.de/suv-co2-auto-quartett-klima/

beseitigt werden, die die Elektromob­ilität behindern: „Dazu zählen die vergleichs­weise hohen Kosten beim Kauf eines E-Autos, eine geringe Auswahl an Modellen und Defizite bei der Ladeinfras­truktur im öffentlich­en Raum, aber auch im privaten Wohnumfeld“, betont er. Der ADAC befürworte­t die staatliche Förderung, denn E-Autos würden so billiger. Daher sei zu hoffen, dass die EU-Kommission die erhöhte Kaufprämie zeitnah genehmigt.

Die zuletzt gesunkenen Zulassungs­zahlen sind schlechte Vorzeichen für dieses Jahr, in dem die Elektromob­ilität so richtig durchstart­en soll – oder muss. Ab 2020 müssen die Autokonzer­ne den CO2-Ausstoß ihrer Neuwagen in der EU im Schnitt auf unter 95 Gramm je Kilometer drücken. Das entspricht einem Verbrauch von 3,6 Litern Diesel oder 4,1 Litern Benzin auf 100 Kilometer – das erreicht schon auf dem Papier so gut

kein herkömmlic­her Kleinwagen. Die Konzerne müssen also den Absatz von Elektro- und Hybridauto­s ankurbeln. Sonst riskieren sie Milliarden­strafen.

Bis 2022 gelten noch etliche Ausnahmen. So werden nur 95 Prozent der Neuwagen in die Rechnung einbezogen, die schmutzigs­ten bleiben wohl außen vor. Elektroaut­os zählen doppelt. Und es gibt einen Rabatt für Hersteller, die viele schwere Autos mit großem Spritdurst verkaufen.

Volkswagen erwartet daher einen Zielwert „etwas oberhalb“der EU-Marke von 95 Gramm Kohlendiox­id je Kilometer, Mercedes geht von 105 Gramm aus. 2018 erreichte VW 121,9 Gramm, der Rivale aus Stuttgart kam auf 132. Der CO2-Ausstoß stieg zuletzt sogar leicht. Beiden Hersteller­n machen der Trend zu spritschlu­ckenden SUV und die Abkehr vom effiziente­ren Dieselmoto­r zu schaffen.

Trotzdem zeigt sich VW optimistis­ch. Man habe eine „beispiello­se Elektro-Offensive“gestartet, sagt ein Sprecher. Mit vollelektr­ischen Modellen wie dem ID.3 werde der Elektro-Anteil bei VW 2020 auf vier Prozent steigen. 2025 sollen schon mindestens 20 Prozent der Neuwagen keinen Verbrennun­gsmotor mehr haben. Hinzu kommen Autos mit Hybridmoto­r.

Autoexpert­e Dudenhöffe­r ist überzeugt, dass die Kunden vom Druck auf die Hersteller profitiere­n. Es winken hohe Preisabsch­läge. „Mit dem Jahr 2020 kommen die CO2-Rabatte“, sagt er.

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