Nicht mehr ausweichen
In der Koalition brennt der Baum, wenn es darum geht, wie und wann Schulen und Kindergärten schrittweise öffnen sollen. Während die einen fordern, Eltern noch bis zum Sommer neben ihrem regulären Job nebenbei Kinderbetreuung leisten zu lassen, gehen andere realistischer heran – und bemerken, dass Kinderbetreuung offenbar systemrelevant ist, will man die Wirtschaft wieder hochfahren.
Dazwischen steht ein Minister, der das ausbalancieren soll. Helmut Holter muss heute im Kabinett Farbe bekennen – gegenüber denen, die an den restriktiven Maßnahmen festhalten wollen und jenen, die sie zum Beispiel für Alleinerziehende lockern wollen. Eine hitzige Debatte wird befürchtet, heißt es aus Regierungskreisen.
Dabei wird noch viel zu wenig darüber gesprochen, wie überhaupt ein „Wie“in den Einrichtungen aussehen kann. Welche Möglichkeit der Einhaltung strengerer Hygienevorschriften gibt es überhaupt, die über kaltes Wasser, kaputte Seifenspender und fehlendes Toilettenpapier hinausgehen?
Landkreise und kreisfreie Städte haben die sächliche Ausstattung ihrer Schulen und Kindergärten zu gewährleisten. Dennoch: Ohne, dass das Land hier einsteigt, wird es nicht gehen.
Die Debatte um die Erarbeitung von Hygienekonzepten kommt bisher aber nur langsam in Gang. Dabei sind die Schulen und Kindergärten seit Wochen dicht. Zeit, in der viel mehr Vorbereitung möglich gewesen wäre, als jetzt auf dem Tisch liegt. Wurde hier getrödelt in der Hoffnung, dass sich schon alles zum Guten wendet?
Wenige Tage vor dem Lockdown, als Thüringen noch die Wunden der gewesenen Ministerpräsidentenwahl leckte, sprach ein Kabinettsmitglied davon, dass es um „Politik des Ermöglichens“gehe. Corona war da noch ein paar Tage entfernt. Dennoch: Zur Erreichung einer künftigen Kinderbetreuung in Kindergarten und Schule scheint es zwingend geboten, über das Mögliche zu reden, als ständig das Unmögliche nach vorn zu stellen. Die Landesregierung ist gefordert, hier nicht mehr auszuweichen.