Thüringer Allgemeine (Gotha)

Für das große Summen und Brummen

Hobbygärtn­er Martin Hampe hat eine Internetse­ite über insektenfr­eundliche Pflanzen entwickelt

- Von Sibylle Göbel Die Seite bienennutz­garten.de wird in den nächsten Tagen freigescha­ltet. Hinweise und Kritik sind möglich unter info@bienennutz­garten.de

Sachsenhau­sen. Martin Hampe besitzt kein Smartphone. Zum Glück, darf man sagen. Denn sonst wäre der Werkstoffi­ngenieur aus Sachsenhau­sen (Weimarer Land), der an der Bauhaus-Universitä­t Weimar beschäftig­t ist, womöglich gar nicht auf eine wunderbare Idee gekommen: Martin Hampe hat in seiner Freizeit eine Homepage entwickelt, auf der Natur- und Gartenfreu­nde Pflanzen finden, die Insekten - allen voran Wildbienen – reichlich Nahrung bieten. Und die, sofern sie gepflanzt oder ausgesät werden, zum Erhalt jener Arten beitragen, ohne die unsere Erde eine einzige Wüste wäre.

Dadurch, dass er kein Smartphone besitzt, hat Martin Hampe vor knapp zwei Jahren, als er gerade in Elternzeit war, bei Spaziergän­gen mit seinem kleinen Sohn seinen Blick nicht wie viele andere ständig aufs Display, sondern in die Natur gerichtet. „Und dabei fiel mir auf, dass sich im Juli, als Feldraine, Straßengrä­ben und Grünfläche­n abgemäht waren und der Raps nicht mehr blühte, dort kaum noch Insekten tummelten.“Bienen, Hummeln & Co. fanden, weiß er, schlicht keine Nahrung mehr. Und fehlten damit auch selbst als Futter für Tiere wie Igel und Vögel.

Martin Hampes Ehrgeiz war geweckt: Der zweifache Vater wollte nicht nur seinen eigenen Garten so gestalten, dass er Insekten Lebensraum und vom Frühjahr bis in den Herbst hinein einen reich gedeckten Tisch bietet. Er wollte auch andere dazu animieren, Gärten, Balkons und Terrassen insektenfr­eundlich anzulegen und damit über Monate hinweg für ein großes Summen und Brummen zu sorgen. „Anfangs dachte ich an eine Art Online-Spiel: Für jede geeignete Pflanze sollte es je nach ihrem Wert für die Insekten - eine bestimmte Anzahl von Punkten geben und in der Summe für die höchsten Punktzahle­n wiederum Preise von Sponsoren.“Doch von diesem Gedanken kam er schnell wieder ab, weil diese Herangehen­sweise

Nutzer nur dazu verleidet hätte, Pflanzen allein wegen ihrer hohen Punktzahl auszuwähle­n. „Dabei ist Vielfalt viel entscheide­nder“, sagt Martin Hampe. Schließlic­h sollten die Pflanzen einander beim Blühen quasi ablösen.

Der Werkstoffi­ngenieur und Hobbygärtn­er begann zu recherchie­ren: Er wälzte Fachbücher und studierte Internetse­iten, suchte den fachlichen Rat des Jenaer Insektensp­ezialisten Frank Creutzburg und einen Partner für die technische Umsetzung, den er in Stefan Thor von der Logikwerk GmbH in Meiningen fand. „Und natürlich habe ich die Autoren von Büchern oder Online-Seiten kontaktier­t und gefragt, ob ich Informatio­nen aus ihren Texten verwenden darf“, sagt Martin Hampe. Daneben eignete sich der 37-Jährige Wissen darüber an, wie man eine Homepage erstellt, wie er auch begann, den eigenen, rund 800 Quadratmet­er großen Garten noch tierfreund­licher zu gestalten. Martin Hampe lässt jetzt zum Beispiel auf einer Wiese Klatschmoh­n stehen, der sich von selbst ausstreut, Wegwarte, Kornblumen und Wiesenfloc­kenblumen, er sät Rot- und Weiß-Klee aus und bepflanzt die zumeist mit Kies gefüllten Randstreif­en direkt am Haus mit Lavendel, mit Sonnenblum­en oder Hopfen. Auch darüber gibt er freimütig auf der jetzt freigescha­lteten Website bienennutz­garten.de Auskunft.

Knapp 220 verschiede­ne Pflanzen von der Acker-Winde bis zur Zwetsche empfiehlt und beschreibt Martin Hampe in seinem virtuellen Bienennutz­garten, wobei er die Liste der Pflanzen sicherheit­shalber noch einmal von Stefan Arndt vom Botanische­n Garten Jena in Augenschei­n nehmen ließ. Eine Bewertung in Form von Kategorien sei zwar nun bei jeder Pflanze hinterlegt, doch für den Nutzer werde sie erst sichtbar, wenn er die Auswahl abgeschlos­sen hat. Gleichwohl will sich Martin Hampe nun auf die Suche nach Sponsoren begeben, um die Zusammenst­ellung von insektenfr­eundlichen Pflanzen auf seiner

Homepage noch attraktive­r zu machen. Er empfiehlt zudem zwar einige Bezugsquel­len und verlinkt auch zu ihnen, legt Gartenfreu­nden aber obendrein generell ans Herz, regionale Anbieter, wie Baumschule­n oder Saatguthän­dler, zu bevorzugen, wenn sie geeignete Pflanzen im Angebot haben.

Zählt Martin Hampe die Arbeitsstu­nden, die er in sein Projekt gesteckt hat, nicht hinzu, belaufen sich die Kosten für seine Homepage – ein Gratis-Angebot - auf gerade einmal rund 200 Euro. Das macht den Sachsenhäu­ser nicht nur deshalb stolz, weil beispielsw­eise die Entwicklun­g einer Bienen-App, die das Bundesland­wirtschaft­sministeri­um in Auftrag gegeben hat, gut 62.000 Euro kostete und ihr Pflanzenle­xikon etwa 100 Pflanzen weniger umfasst. Martin Hampe war zu Beginn seiner Recherchen auch immer wieder auf Unverständ­nis gestoßen, weil er mit seinem Projekt nichts verdienen soll.

„Das sagt schon eine Menge über Teile unsere Gesellscha­ft aus“, wundert er sich und adressiert einen ausdrückli­chen Dank an jene, die ihn vorbehaltl­os unterstütz­t haben: Neben den Softwareen­twicklern von Logikwerk und den Insektenun­d Pflanzenex­perten waren das der BUND Thüringen, die Stiftung Naturschut­z Thüringen und das Bundesamt für Naturschut­z.

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Damit Insekten über das Jahr einen reich gedeckten Tisch vorfinden, sollten Gärten, Terrassen und Balkone insektenfr­eundlich gestaltet sein.
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FOTOS: MARCO KNEISE (3) / SASCHA FROMM

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