Schlussstrich mit 35
Tischtennis: Der aus Friedrichroda stammende Thilo Merrbach beendet in Baden-Württemberg seine Laufbahn
Göttingen. Emma (8) und Paula (4) halten Thilo Merrbach und seine Frau momentan auf Trapp. Im idyllischen Göttingen, einem 1200-Einwohner-Stadtteil von Langenau und rund 14 Kilometer von Ulm entfernt, bieten sich zwar viele Möglichkeiten, an die frische Luft zu kommen. Doch in Zeiten von Corona wird in den eigenen vier Wänden ganz schön hin- und hergewuselt.
„Wenn man fünf Wochen daheim ist und die Kinder immer zu Hause sind, kann das auch mal ganz schön anstrengend werden“, sagt Merrbach und lacht. Mit der Älteren erledigt der 35-Jährige neben Spaß und Spiel die Schulaufgaben. Da ist der Lehrer natürlich in seinem Metier, wenn auch durch die Situation etwas ungewollt.
Sein Lieblingsspielgerät, der Tischtennis-Schläger, steckt hingegen in der Sporttasche und bleibt dort vorerst auch für längere Zeit. Dies hat nicht nur mit dem CoronaVirus zu tun, welches den abrupten Abbruch der Saison mit sich zog. Nach 30 Jahren und einem Leben rund um den kleinen weißen Ball hat der gebürtige Waltershäuser, der in Friedrichroda groß wurde, für sich einen vorläufigen Schlussstrich gezogen.
„Ich habe das nach reiflicher Überlegung und vielen Gesprächen mit meiner Frau bereits im Dezember für mich entschieden, aufzuhören. Mit zwei Kindern ist der Aufwand für die Oberliga mit den weiten Fahrten und dem Trainingspensum zu groß geworden. Außerdem liefen zuletzt in meinem Verein ein paar Dinge nicht so, wie meine Mitspieler und ich sich das vorgestellt haben“, sagt Merrbach.
„Mein Verein“– das ist in diesem Fall der SC Staig, dem sich Merrbach vor über fünf Jahren anschloss, nachdem er zuvor lange für Schott Jena (fünf Jahre), Post Mühlhausen (sieben Jahre) und seinem Heimatverein SV Friedrichroda aktiv war.
Dort spielte der Thüringer, der einst aus beruflichen Gründen nach Baden-Württemberg zog, in dieser Saison eine gute Rolle. Beim Abbruch stand Staig punktgleich mit dem Zweiten auf Platz drei, hatte das vermeintlich leichtere Restprogramm und hätte theoretisch Chancen auf den Aufstieg in die Regionalliga gehabt. Er selbst fand – an Position sechs aufgestellt – nach einer durchwachsenen Vorrunde (6:8) wieder besser in den Rhythmus und überzeugte in der Rückserie mit einer 7:1-Bilanz.
Die Leichtigkeit am Tisch war noch einmal zurück, ehe er sich nun zum radikalen Schnitt entschloss. „Ich bin bei so etwas rigoros. Nach dem Hauskauf und Umzug war es für mich immer schwieriger, das Training abzusichern. Irgendwann hab ich mir dann gesagt: Das bringt im Gesamtpaket nichts mehr. Wenn ich etwas mache, dann richtig und nicht mit halber Kraft“, sagt Merrbach, der einst 2012 bei den deutschen Einzelmeisterschaften der Verbandsklassen in Mülheim an der Ruhr in seiner Klasse A sensationell den ersten Platz belegte.
Was bleibt, ist die Erinnerung an schöne Zeiten – vor allem in Thüringen. Der Besuch der Erfurter Sportschule, wo er sich mit dem Ex-Mühlhäuser
und nun in der Erfurter Kreisliga spielenden Carlos Lang ein Zimmer teilte. Die vielen schönen Fahrten mit den Teams, unvergessliche Siege, schmerzhafte Niederlagen. „Ich hatte das Glück, zu großen Teilen immer in persönlich sehr angenehmen Mannschaften gespielt zu haben. Mit vielen Leuten war man sofort auf einer Längenwelle, da sind viele großartige Freundschaften entstanden. Auch wenn es mal sportlich nicht so lief, hatten wir immer unseren Spaß“, meint der Friedrichrodaer und spricht auf eine Saison mit der Mühlhäuser Zweiten an. „Da sind wir mit Pauken und Trompeten abgestiegen. Dennoch war die Stimmung immer locker.“
Nicht nur deshalb hält noch regen Kontakt nach Thüringen, versucht, sich mit den Freuden aus Jena und Mühlhausen zu treffen, wenn ein Heimatbesuch ansteht. „Als Post Mühlhausen in der Champions League gegen Orenburg gespielt hat, war ich auch dabei. Das war ja fast wie ein Klassentreffen“, meint der 35-Jährige, der die Zeit beim Post SV als die prägendsten Jahre schildert. „Und wenn ich Zeit habe, klicke ich mich im Internet durch die Ligen und schaue, was die früheren Mitspieler so treiben mit ihren Vereinen.“
Ganz ohne Sport möchte er aber natürlich nicht bleiben. In einer süffigen Nacht auf der Weihnachts-Familienfeier machte plötzlich das Wort Halbmarathon die Runde. „Ich denke, es läuft auf die Richtung Ausdauersport hinaus. Aber erst einmal gehe ich mehr laufen“, sagt Merrbach, der mit Bekannten zudem plant, irgendwann einen Triathlon-Staffel-Wettkampf zu absolvieren.
Doch was wird nun aus dem Tischtennis-Schläger? „Vielleicht kommt die Lust irgendwann zurück und ich suche mir wieder einen Verein. Aber da müsste es innerhalb der Mannschaft absolut passen. Schließlich will ich mit Spaß an der Sache dabei sein. Noch kann ich das gar nicht einschätzen. Aber ich gehe schon davon aus, dass mir das Tischtennis fehlen wird.“