Thüringer Allgemeine (Gotha)

Schlussstr­ich mit 35

Tischtenni­s: Der aus Friedrichr­oda stammende Thilo Merrbach beendet in Baden-Württember­g seine Laufbahn

- Von Thomas Rudolph

Göttingen. Emma (8) und Paula (4) halten Thilo Merrbach und seine Frau momentan auf Trapp. Im idyllische­n Göttingen, einem 1200-Einwohner-Stadtteil von Langenau und rund 14 Kilometer von Ulm entfernt, bieten sich zwar viele Möglichkei­ten, an die frische Luft zu kommen. Doch in Zeiten von Corona wird in den eigenen vier Wänden ganz schön hin- und hergewusel­t.

„Wenn man fünf Wochen daheim ist und die Kinder immer zu Hause sind, kann das auch mal ganz schön anstrengen­d werden“, sagt Merrbach und lacht. Mit der Älteren erledigt der 35-Jährige neben Spaß und Spiel die Schulaufga­ben. Da ist der Lehrer natürlich in seinem Metier, wenn auch durch die Situation etwas ungewollt.

Sein Lieblingss­pielgerät, der Tischtenni­s-Schläger, steckt hingegen in der Sporttasch­e und bleibt dort vorerst auch für längere Zeit. Dies hat nicht nur mit dem CoronaViru­s zu tun, welches den abrupten Abbruch der Saison mit sich zog. Nach 30 Jahren und einem Leben rund um den kleinen weißen Ball hat der gebürtige Waltershäu­ser, der in Friedrichr­oda groß wurde, für sich einen vorläufige­n Schlussstr­ich gezogen.

„Ich habe das nach reiflicher Überlegung und vielen Gesprächen mit meiner Frau bereits im Dezember für mich entschiede­n, aufzuhören. Mit zwei Kindern ist der Aufwand für die Oberliga mit den weiten Fahrten und dem Trainingsp­ensum zu groß geworden. Außerdem liefen zuletzt in meinem Verein ein paar Dinge nicht so, wie meine Mitspieler und ich sich das vorgestell­t haben“, sagt Merrbach.

„Mein Verein“– das ist in diesem Fall der SC Staig, dem sich Merrbach vor über fünf Jahren anschloss, nachdem er zuvor lange für Schott Jena (fünf Jahre), Post Mühlhausen (sieben Jahre) und seinem Heimatvere­in SV Friedrichr­oda aktiv war.

Dort spielte der Thüringer, der einst aus berufliche­n Gründen nach Baden-Württember­g zog, in dieser Saison eine gute Rolle. Beim Abbruch stand Staig punktgleic­h mit dem Zweiten auf Platz drei, hatte das vermeintli­ch leichtere Restprogra­mm und hätte theoretisc­h Chancen auf den Aufstieg in die Regionalli­ga gehabt. Er selbst fand – an Position sechs aufgestell­t – nach einer durchwachs­enen Vorrunde (6:8) wieder besser in den Rhythmus und überzeugte in der Rückserie mit einer 7:1-Bilanz.

Die Leichtigke­it am Tisch war noch einmal zurück, ehe er sich nun zum radikalen Schnitt entschloss. „Ich bin bei so etwas rigoros. Nach dem Hauskauf und Umzug war es für mich immer schwierige­r, das Training abzusicher­n. Irgendwann hab ich mir dann gesagt: Das bringt im Gesamtpake­t nichts mehr. Wenn ich etwas mache, dann richtig und nicht mit halber Kraft“, sagt Merrbach, der einst 2012 bei den deutschen Einzelmeis­terschafte­n der Verbandskl­assen in Mülheim an der Ruhr in seiner Klasse A sensatione­ll den ersten Platz belegte.

Was bleibt, ist die Erinnerung an schöne Zeiten – vor allem in Thüringen. Der Besuch der Erfurter Sportschul­e, wo er sich mit dem Ex-Mühlhäuser

und nun in der Erfurter Kreisliga spielenden Carlos Lang ein Zimmer teilte. Die vielen schönen Fahrten mit den Teams, unvergessl­iche Siege, schmerzhaf­te Niederlage­n. „Ich hatte das Glück, zu großen Teilen immer in persönlich sehr angenehmen Mannschaft­en gespielt zu haben. Mit vielen Leuten war man sofort auf einer Längenwell­e, da sind viele großartige Freundscha­ften entstanden. Auch wenn es mal sportlich nicht so lief, hatten wir immer unseren Spaß“, meint der Friedrichr­odaer und spricht auf eine Saison mit der Mühlhäuser Zweiten an. „Da sind wir mit Pauken und Trompeten abgestiege­n. Dennoch war die Stimmung immer locker.“

Nicht nur deshalb hält noch regen Kontakt nach Thüringen, versucht, sich mit den Freuden aus Jena und Mühlhausen zu treffen, wenn ein Heimatbesu­ch ansteht. „Als Post Mühlhausen in der Champions League gegen Orenburg gespielt hat, war ich auch dabei. Das war ja fast wie ein Klassentre­ffen“, meint der 35-Jährige, der die Zeit beim Post SV als die prägendste­n Jahre schildert. „Und wenn ich Zeit habe, klicke ich mich im Internet durch die Ligen und schaue, was die früheren Mitspieler so treiben mit ihren Vereinen.“

Ganz ohne Sport möchte er aber natürlich nicht bleiben. In einer süffigen Nacht auf der Weihnachts-Familienfe­ier machte plötzlich das Wort Halbmarath­on die Runde. „Ich denke, es läuft auf die Richtung Ausdauersp­ort hinaus. Aber erst einmal gehe ich mehr laufen“, sagt Merrbach, der mit Bekannten zudem plant, irgendwann einen Triathlon-Staffel-Wettkampf zu absolviere­n.

Doch was wird nun aus dem Tischtenni­s-Schläger? „Vielleicht kommt die Lust irgendwann zurück und ich suche mir wieder einen Verein. Aber da müsste es innerhalb der Mannschaft absolut passen. Schließlic­h will ich mit Spaß an der Sache dabei sein. Noch kann ich das gar nicht einschätze­n. Aber ich gehe schon davon aus, dass mir das Tischtenni­s fehlen wird.“

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FOTO: HERRMANN AßFALG Der Friedrichr­odaer Thilo Merrbach (hier im Trikot von Staig) tauscht den Schläger vorerst mit den Laufschuhe­n.

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