An der Haltestelle krankenhausreif geprügelt
Ein Flüchtling ist am Amtsgericht Gera angeklagt. Aber ist der mehrfach Vorbestrafte auch der Täter?
Gera. Die Anklageschrift liest sich eindeutig: Ein 26 Jahre alter Flüchtling aus Afghanistan soll einen Mann an der Geraer Zentralhaltestelle in der Heinrichstraße zusammengeschlagen und getreten haben. Dieser trug einen Nasenbein-, Kiefer- und Fingerbruch davon. Doch der Prozessauftakt am Dienstag am Amtsgericht Gera zeigte, dass noch einige Fragen offen sind.
Die Tat hat sich am 10. Juli 2019 ereignet. Zunächst habe der Angeklagte das spätere Opfer heftig beleidigt. Als jener Syrer fragte, warum er das mache, habe der andere Verstärkung geholt. Mehrere Männer hielten das Opfer fest, trägt Staatsdeszentralregister anwalt Peter Witzmann den Anklagesatz vor. Erst habe der Angeklagte geschlagen. Nachdem der Geschädigte zu Boden ging, habe der Täter ihn ins Gesicht getreten, bis er bewusstlos wurde.
Der Angeklagte hat seit der Ankunft 2015 zehn Einträge im Bun
gesammelt. In Afghanistan habe er eine Ausbildung zum Polizisten absolviert und auch im Beruf gearbeitet. Splitter einer Bombe hätten ihn aber getroffen, deshalb sei er nach Deutschland geflüchtet, sagt er. Hier wird er geduldet – zuletzt fand er Arbeit im Autoteilehandel. Allerdings fällt er immer wieder strafrechtlich auf. Zur vorgeworfenen Tat schweigt der Mandant von Verteidiger Udo Freier: „Zumindest vorerst.“
Das Opfer (24) schildert die Attacke eindringlich. Er sei sich 100prozentig sicher, dass der Angeklagte der Haupttäter war. Allerdings war der Weg kurios, wie jener ins Netz ging. Nach der Tat war die Gruppe geflüchtet, bevor die Polizei eintraf. Der Geschädigte gab an, den Schläger nicht zu kennen. Aufgrund seiner Beschreibung habe ein Kumpel den Täter bei Facebook ausfindig gemacht. Das Opfer erkannte den Täter – auch bei der darauf folgenden Wahllichtbildvorlage der Polizei. Fraglich ist aber, ob er nur die Person vom Facebook-Bild wiedererkannte oder tatsächlich den Täter, sagt der Vorsitzende Richter Siegfried Christ. Das Opfer erinnert sich nicht mehr an den Namen des Freundes, der das Bild entdeckt hat – oder will sich nicht erinnern. Das Schöffengericht lädt nun weitere Zeugen. Ungeklärt ist auch, ob der Angeklagte im Fall des Falles wirklich der einzige war, der bei der Attacke zugetreten hat.