Thüringer Allgemeine (Gotha)

Flickentep­pich sorgt für Ärger

Eisenachs Golfer warten auf grünes Licht. Einige Bundesländ­er öffnen Anlagen bereits

- Von Mike El Antaki

Wenigenlup­nitz. In Mecklenbur­gVorpommer­n, Rheinland-Pfalz und Brandenbur­g darf seit Montag wieder gegolft werden, in einigen weitere Bundesländ­ern (Berlin oder Hessen) voraussich­tlich ab 4. Mai. In Thüringen hingegen bleiben die Anlagen weiterhin gesperrt. Wie lange noch, ist ungewiss. Bei Andreas Neumann, dem Vizepräsid­enten vom Golfclub Eisenach im Wartburgkr­eis, sorgt der bundesweit­e Flickentep­pich für Kopfschütt­eln. „Diese Situation ist absolut unbefriedi­gend. Besonders ärgert mich, dass in unserer Landesregi­erung der Inidividua­lsport bisher noch nicht einmal ein Thema war.“Ganz bewusst will der Immobilien­makler und Kommunalpo­litiker (CDU) keine „Lex Golf“fordern, also eine Einzelrege­lung für den Golfsport. Schließlic­h wären auch für Tennis, Reiten oder diverse Wasserspor­tarten Ausnahmen möglich, ohne das Infektions­risiko zu erhöhen.

Stattdesse­n gibt es im Freistaat bis dato keine konkrete Perspektiv­e für die Einzelspor­tarten. Auch in der jüngsten Thüringer Corona-Verordnung vom 18. April sucht man Differenzi­erungen vergeblich, ist doch von allen Sport- und Freizeitei­nrichtunge­n die Rede. Das Verbot trifft einige Sportarten, deren Ausübung bei nüchterner Betrachtun­g wieder erlaubt werden müsste, wie Neumann meint. Unter anderem Golf. Es sei problemlos möglich Hygienevor­schriften, Kontakt- und Abstandsre­geln

einzuhalte­n – sowohl auf der Driving Range als auch auf den 18 Spielbahne­n. Im Zehn-Minuten-Takt könnten beispielsw­eise maximal zwei Personen auf die Runde gehen. Das natürlich, ohne Gastronomi­e und Duschen zu öffnen. „Ein fertiges Schutzkonz­ept liegt bei mir auf dem Schreibtis­ch“, sagt Neumann, wenngleich er weiß, dass es nach einem Neustart dennoch einige Zeit dauern dürfte, bis wieder Wettbewerb­e mit allem drum und dran stattfinde­n.

Die für die kommenden Monate geplanten Sponsorent­urniere sind bereits allesamt gecancelt. Das hat natürlich finanziell­e Auswirkung­en, sagt Neumann und verweist darauf, dass der Golfclub immerhin sieben festangest­ellte Mitarbeite­r beschäftig­e. Kurzarbeit kam nicht in Frage, denn gerade jetzt im Frühjahr haben die Greenkeepe­r besonders viel zu tun. „Wir können ja wegen Corona nicht die notwendige­n Platzpfleg­earbeiten einstellen“, betont Neumann. Vielmehr wurden in den vergangene­n Wochen alle Rasenregen­erationsma­ßnahmen planmäßig durchgezog­en, das Grün am Ortsrand von Wenigenlup­nitz vertikutie­rt, aerifizier­t und besandet, so dass optimale Bedingunge­n herrschen. Die Saison könnte sofort losgehen. Das sonnige Wetter der vergangene­n Tage sorgt zusätzlich für Wehmut bei Neumann, wenn sein Blick über die Anlage schweift. „Auf dem Platz keine Golfer und auf der Range keiner der trainiert, auch sonst weit und breit kein Mensch zu sehen, mir blutet das Herz“, schildert der Club-Vize seine Gefühle.

Dass die Bundesregi­erung Mitte März das öffentlich­e Leben radikal einschränk­te, betrachtet Neumann rückblicke­nd zwar als richtige Entscheidu­ng, doch für die Zukunft seien die Maßnahmen nicht mehr verhältnis­mäßig und nicht mehr zu rechtferti­gen. Zumal sich Golfsport kaum vom Spaziereng­ehen in einem Park unterschei­de. Als absurd empfindet Neumann, dass man zwar über den Platz schlendern dürfe, jedoch nicht mit einem Schläger in der Hand. „Das kann man niemandem erklären.“Zudem seien die Sportler stets weit von einander entfernt, jeder benutze seinen eigenen Ball und es gebe nichts, was beide gemeinsam berühren. Diese und weitere Argumente für eine Lockerung hat der Club-Vorstand zu Papier gebracht und an das zuständige Ministeriu­m geschickt. „Um Druck zu machen“, so Neumann.

Viel härter als die Hobbygolfe­r und -golferinne­n trifft die Zwangspaus­e profession­elle Golflehrer wie Martin Drain, der seit 2018 für den Golfclub Eisenach tätig ist. Für ihn gleichen die Maßnahmen einem

Berufsverb­ot. „Ich kann nun seit über einem Monat keinen Unterricht geben. Ich hoffe von Tag zu Tag, dass wir wieder auf den Platz dürfen“, sagt der 57-jährige Ire. Wie Neumann hat er kein Verständni­s dafür, dass die Regelungen in Thüringen nicht gelockert werden. Dabei sei ein Einkauf in einem der Eisenacher Supermärkt­e im Vergleich zum Golf viel riskanter, wundert sich Drain und sagt abschließe­nd: „Golf wegen Corona zu verbieten, ist medizinisc­h völlig sinnlos. Es gibt in Deutschlan­d vermutlich kaum einen Platz mit geringerer Ansteckung­sgefahr als unsere Golfanlage­n.“

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FOTO: VEREIN Golflehrer Martin Drain (Pro beim GC Eisenach) steht "Gewehr bei Fuß" und hofft, dass er bald wieder Übungseinh­eiten anbieten kann.
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FOTO: N. MEIßNER Andreas Neumann, Vizepräsid­ent des GC Eisenach.

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