Thüringer Allgemeine (Gotha)

Wenn Thriller wahr werden

-

Neulich fragt mich meine beste Freundin Pia: „Was glaubst du, werden die Menschen jetzt eigentlich weniger Thriller lesen?“„Wieso sollten sie?“, sag ich.

„Na weil im wahren Leben Corona passiert. Und das ist ja wohl Nervenkitz­el und Horror genug. Da braucht es eigentlich keinen Grusel mehr aus einem Buch!“, sagt Pia.

„Du meinst also, Thriller liest man, um mehr Spannung ins eigene Leben zu bringen?“, sag ich. „Warum denn sonst?“, sagt Pia. „Vielleicht, um den Horror im eigenen Leben zu relativier­en?“, sag ich.

„Also mit einem Thriller noch einen auf den irren Alltag draufsetze­n, um das Unerträgli­che besser aushalten zu können?“, sagt Pia. „Vielleicht“, sag ich.

„Dann wiederum müssten sich Thriller ja jetzt besonders gut verkaufen“, sagt Pia.

„Vorausgese­tzt, die Autoren erweisen sich als krisenfest und sind weiter hochmotivi­ert, wenn es darum geht, Abgründe auszuloten und uns das Fürchten zu lehren“, sag ich.

„Warum sollte die Schriftste­llerPhanta­sie denn nicht von Corona befeuert werden?“, sagt Pia.

„So mancher ist vielleicht irritiert, dass die Horrorvisi­onen, die bislang nur in seinem Kopf existierte­n, auf einmal Wirklichke­it werden. Immerhin gibt es ja mit

,Noah’ von Sebastian Fitzek schon so ein Szenario, das ziemlich an die derzeitige Corvid-19-Situation und alle möglichen Verschwöru­ngstherori­en, die damit einher gehen, erinnert“, sag ich.

„Mag sein. Das trifft aber nur auf den Virus-Plot zu. Da bleibt schon noch einiges an Themen und Katastroph­enszenarie­n…“, sagt Pia.

„Stimmt. Und darauf, dass das wahre Leben verstörend genug ist, um Thriller-Autoren Inspiratio­nen zu liefern, ist wahrschein­lich Verlass. – Auf die Faszinatio­n am Grauen wohl ohnehin”, sag ich.

Newspapers in German

Newspapers from Germany