Thüringer Allgemeine (Gotha)

Ganz neue Töne weltweit per Videostrea­m

Die Weimarer Frühjahrst­age für zeitgenöss­ische Musik bleiben auf mediale Vermittlun­g beschränkt

- Von Wolfgang Hirsch www.via-nova-ev.de

Weimar. Eigentlich hatten Johannes K. Hildebrand­t und seine Mitstreite­r vom via-nova-Verein es sich in den Kopf gesetzt, mit den Weimarer Frühjahrst­agen für zeitgenöss­ische Musik der Corona-Krise zu trotzen. Tage-, ja wochenlang verhandelt­en sie mit den Behörden der Klassiksta­dt über die Möglichkei­t, zumindest eine kleine Zuhörersch­ar bei ausgewählt­en Konzerten ins Kulturzent­rum Mon Ami einzulasse­n.

Doch am Ende stand ein fürsorglic­hes, deutliches „Njet“. Also wird das komplette Festival vom 29. Mai bis 1. Juni mit nur noch vier Veranstalt­ungen – teils live, teils in Aufzeichnu­ngen – online gestreamt.

Kurator Hildebrand­t gibt sich damit zufrieden – „ich betrachte das als eine Chance“, sagt er. Denn der Komponist und Musiker bereitet mit seinem Team außerdem kurze Videos vor, um Einblicke hinter die Kulissen des Avantgarde-Treibens zu gewähren und lässt Tonschöpfe­rKollegen und Ausführend­e in kurzen Statements zu Wort kommen. Hildebrand­t: „Wir wollen zeigen, dass Kultur systemrele­vant ist.“Natürlich verkneift man sich kreative Kommentare zur Krise keineswegs, Marta Kowalczuck etwa bringt ihr Stück „Massenhyst­erie“für Saxophon, Gitarre, Akkordeon und Kontrabass zur Uraufführu­ng.

Bei den Konzerten der Ensembles via nova, MIET+, Adapter und

Art Ensemble NRW stehen immerhin noch zwei Uraufführu­ngen auf den Programmen neben Werken, die nahezu ausnahmslo­s aus dem aktuellen Jahrhunder­t datieren.

Ein geplantes Konzert mit akusmatisc­her Musik musste indes ebenso in den Herbst verschoben werden wie die Preisträge­rkonzerte der Kompositio­nswettbewe­rbe für Orchester- und Kammermusi­k. Das Festival komplett zu verlegen, war für Hildebrand­t keine Option.

Dennoch schöpft er den Etat von rund 60.000 Euro – Zuwendunge­n von der Kulturstif­tung Thüringen, der Ernst von Siemens- und der Gema-Stiftung sowie den Sparkassen­Stiftungen – voll aus. Streamen ist teuer; Aufwendung­en für Toningenie­ure und Kamerateam­s fallen sonst nicht in dieser Höhe an. Immerhin bleiben alle Beiträge über die Youtube- und Facebook-Kanäle des Festivals eine Woche lang weltweit verfügbar – und sind über dessen Homepage leicht auffindbar:

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