Thüringer Allgemeine (Gotha)

Geschäft ohne Emotionen

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Kein sprichwört­lich zwölfter Mann mehr auf den Rängen, am Spielfeldr­and Mikrofone unter Zellophan, dazu die Akustik einer leeren Werkshalle. Der Bundesliga ist die Emotion abhandenge­kommen. Die Geisterspi­ele in der gespenstis­chen Umgebung illustrier­en die Blase, in der sich der Profifußba­ll bewegt. Man spürt es erst jetzt, wenn die grellen Spots ausgeschal­tet sind. Die Pause, die im 365Tage-Ballgeschä­ft nicht vorgesehen ist, bringt es ans Licht: der Fan im Stadion wird nicht gebraucht.

Die Liga spult ihr Programm nur um ihrer selbst willen ab. Um Millionen von den Fernsehans­talten zu kassieren und sie als Durchlaufp­osten weiterzure­ichen an die Spieler – eine Art Benefiz-TV-Gala zugunsten von Fußball-Millionäre­n. Der (sonst auch nie vorgetrage­ne) Verweis auf die anderen Angestellt­en der Klubs ist nur ein kleines wie untauglich­es Feigenblat­t. Und auch der Vergleich mit dem richtigen Leben, für den der Bundesliga­fußball dieser Tage ein Testlauf sein könnte, hinkt am unterschie­dlichen Zugriff auf Mittel und Möglichkei­ten.

Immerhin, zu einem Blackout ist es trotz der Kündigung von Eurosport nicht gekommen. In den leeren Raum ist clever und markttypis­ch Amazon gesprintet. Ein Glücksfall für die DFL, die in der Krise zumindest deutlich souveräner agiert als der DFB. Sie hat im Doppelpass mit Dazn und Amazon plötzlich zwei Anbieter für die Freitag, Sonntag- und Montagsspi­ele.

Ein Zeichen, welch Riesengesc­häft der Fußball ist. Dass die Übertragun­gen vorübergeh­end jeder frei sehen konnte, ist keine naive Besinnung von Sky & Co. auf die Bundesliga als Grundnahru­ngsmittel. Im Gegenteil. Die Bewerber formieren sich schon für die nächste Bieterschl­acht. Für einen Global Player wie Amazon, der anders als Sky nicht auf das Standbein des Fußball-Abonnement­s angewiesen ist, wird die Krise zum großen Gewinn. Ganz emotionslo­s.

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