Thüringer Allgemeine (Gotha)

Maiers Macht und Last

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Der Abgang von Wolfgang Tiefensee an der Thüringer SPDSpitze war eine Überraschu­ng. Die Nominierun­g von Georg Maier als sein Nachfolger ist es nicht.

Der Innenminis­ter wollte schon vor zwei Jahren Spitzenkan­didat werden, sein Ehrgeiz ist bekannt. Außerdem stehen hinter ihm die meisten einflussre­ichen Kommunalpo­litiker und Kreisverbä­nde.

Vor allem aber: Der nach Tiefensee populärste und erfolgreic­hste Sozialdemo­krat in Thüringen lehnte wieder ab. Matthias Hey, der Landtagsfr­aktionsche­f, hatte erkennbar noch nie Lust auf die große Karriere – was interessan­terweise eine wichtige Erklärung für seine Beliebthei­t ist.

Maiers Konkurrent­in Diana Lehmann musste wiederum erkennen, dass die Landespart­ei – im Unterschie­d zu den Grünen – noch nicht wirklich bereit für eine junge, eher linksorien­tierte Frau an der Spitze ist. Die alten Männernetz­werke funktionie­ren noch genauso wie die ominösen Hinterzimm­er.

Die Mehrheit der Thüringer SPD, die bei der letzten Landtagswa­hl auf 8,2 Prozent zusammensc­hrumpfte, will erkennbar keine Experiment­e und schon gar keine Doppelspit­ze. Maier ist als Innenminis­ter deutlich bekannter als Lehmann, er kann sich auch überregion­al verkaufen, besetzt wichtige Themen, die Linke und Grüne eher nicht haben – und grenzt sich zugleich glaubhaft gegenüber Rechtsauße­n ab.

Auch in seinem Ressort hat

Maier bisher nicht viel falsch gemacht. Er versucht, sich mit allen gut zu stellen, den Kommunen, der Feuerwehr, der Polizei. Selbst einen echten Verfassung­sschutzska­ndal, der eigentlich in jeder Wahlperiod­e Pflicht ist, gab es bisher nicht.

Dass Maier vor gut fünf Jahren aus dem Westen ins Land kam, ist natürlich in der Partei ein Thema. Doch bei allem Verständni­s für ostdeutsch­e Befindlich­keiten: Am Ende muss halt jemand die Macht auch wirklich wollen – und die Last der Verantwort­ung, die damit einhergeht. Denn eines ist auch Maier bewusst: Für die SPD kann es noch tiefer nach unten gehen. Seite 2

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Martin Debes über den designiert­en Chef der Thüringer SPD
LEITARTIKE­L Martin Debes über den designiert­en Chef der Thüringer SPD

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