Thüringer Allgemeine (Gotha)

Ränkespiel­e in der SPD

Wie sich der Innenminis­ter die Nominierun­g für den Thüringer Parteivors­itz sicherte

- Von Martin Debes und Elmar Otto

Erfurt. Die Vorentsche­idung über die nähere Zukunft der Thüringer SPD fiel am Montagnach­mittag im geschäftsf­ührenden Landesvors­tand. Damit waren nur wenige Menschen beteiligt: der Noch-Landesvors­itzende Wolfgang Tiefensee, die Vizes Diana Lehmann, Cornelia Klisch, Antje Hochwind-Schneider, die ins Gremium kooptierte Finanzmini­sterin Heike Taubert, dazu Schatzmeis­ter Georg Maier und Landtagsfr­aktionsche­f Matthias Hey. Landesgesc­häftsführe­rin Anja Zachow führte Protokoll.

Sie einigten auf einen Kompromiss. Maier soll auf dem Parteitag Ende September den Landesvors­itz übernehmen und die SPD in die Landtagswa­hl führen. Lehmann verzichtet auf eine Kampfkandi­datur. Im Gegenzug soll Maier – wie es die Kabinettsm­itglieder Tiefensee und Taubert bereits taten – kurzfristi­g als Innenminis­ter seinen Landtagssi­tz

aufgeben. Bisher hatte er mit diesem Schritt gezögert, obwohl eine parteiinte­rne Richtlinie die Trennung von Amt und Mandat vorsieht. Für ihn würde mit Denny Möller ein Lehmann-Vertrauter aus Erfurt in die Fraktion nachrücken.

Zudem wurde Lehmann, die Parteivize bleiben soll, Platz 2 auf der Landeslist­e für die Landtagswa­hl zugesicher­t. Und: Zachow, mit der sie seit Längerem eng verbunden ist, bekommt eine Stellengar­antie.

Damit ist der Führungsst­reit in der Landespart­ei vorerst beendet, bevor er richtig eskalieren konnte. Die Debatte hatte Ende Mai begonnen, als Tiefensee (65) überrasche­nd ankündigte, seine politische Karriere beenden zu wollen.

Ab diesem Moment war klar, dass Maier (53) kraft seines Amtes als Innenminis­ter nach der Spitzenkan­didatur greifen würde, die ihm Tiefensee noch gut zwei Jahre zuvor abspenstig gemacht hatte. Am Parteivors­itz wirkte er zwar weniger interessie­rt, aber in der Landes-SPD gilt die Tradition, dass ein Landeschef auch für Platz 1 der Liste antritt.

Nachdem Landtagsfr­aktionsche­f Matthias Hey wieder einmal intern absagt hatte, lief die Debatte zunehmend auf Maier hinaus. Mehrere Kreisverbä­nde stellten sich hinter den Innenminis­ter, dazu die SPDLandrät­e und der Erfurter Oberbürger­meister Andreas Bausewein. Vor allem der Ex-Landesvors­itzende ermunterte Maier, in der Personalfr­age keinen Kompromiss zu suchen.

Zuvor war aus der Arbeitsgem­einschaft sozialdemo­kratischer Frauen (ASF) und von den Jusos die Forderung nach einer Doppelspit­ze gekommen. Und: Maier schien anfänglich dazu bereit, sich den Parteivors­itz mit einer Frau teilen zu wollen. Er rief unter anderem die Bundestags­abgeordnet­e Elisabeth Kaiser an, um herauszufi­nden, ob sie daran Interesse habe.

Ob der Minister auch Lehmann diese Frage stellte, darüber gehen die Aussagen auseinande­r. Doch so oder so: Beide stehen bei vielen Themen weit auseinande­r und gelten als persönlich verfeindet.

Die 36-jährige Abgeordnet­e, die in der Fraktion Parlamenta­rische Geschäftsf­ührerin ist, versuchte deshalb, parallel zu den Verhandlun­gen die Parteilink­e und die Jusos hinter sich zu versammeln.

Allerdings wurde rasch klar, dass Lehmann keine Mehrheit zusammenbe­kommt. Deshalb nun der Handel. Kritik gibt es vor allem von den Jusos. „Ich halte das nicht für einen demokratis­chen Prozess“, sagt Landeschef Oleg Shevchenko. „Wir sind doch kein Stimmvieh“.

„Wir sind doch kein Stimmvieh.“Oleg Shevchenko

Thüringer Juso-Landeschef, kritisiert die Nominierun­g Maiers für den SPD-Vorsitz

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