Zweigleisig im Schlösserstreit
Kulturminister Hoff räumt Fehler ein und wendet sich hilfesuchend an Monika Grütters
Erfurt. Ungewohnt defensiv hat Minister Benjamin Hoff (Linke) im Schlösserstreit neue Position bezogen. Nach allseits heftiger Kritik am Staatsvertrags-Entwurf zur Gründung der Hallenser „Kulturstiftung Mitteldeutschland Schlösser und Gärten“(KMSG) will er nun zweigleisig fahren: In einem Schreiben hat er Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) in Berlin gebeten, die Option einer Direktförderung oder einer „schlanken“Förderstiftung als Alternativen zu prüfen. Zugleich wird mit Sachsen-Anhalt weiter verhandelt, sagte Hoff am Dienstag.
Beinahe kleinlaut räumte der Minister Fehler ein und zeigte sich mit den eigenen Verhandlungsergebnissen unzufrieden. „Da war ich nicht so gut, wie ich gewollt hätte“, sagte er. „Die Verantwortung trage ich selbst.“Zum Beispiel war es ein Thüringer Verhandlungsziel, für die KMSG einen Doppelsitz festzulegen; laut Vertragsentwurf blieb davon allerdings nur ein nachgeordneter Verwaltungssitz in Rudolstadt übrig. Das sei „ein symbolischer Punkt, an dem sich nachvollziehbar Kritik entzündet“, konzedierte nun Benjamin Hoff. Ausdrücklich lobte er generell den vehementen Widerspruch, der zuerst von Kommunalpolitikern vorgetragen wurde: „Man kann nur dankbar sein, wenn sich ehrenamtliche und hauptamtliche Bürgermeister und Landräte so für das Kulturerbe einsetzen.“
Tatsächlich hatte Hoff jedoch mit kurzen Fristen im Anhörungsverfahren versucht, den KMSG-Staatsvertrag durchzupauken. Daraufhin hatte der Kommunale Arbeitskreis der Thüringer Schlösserstiftung in Rudolstadt eine Sondersitzung anberaumen müssen, und Bad Liebensteins Bürgermeister Michael Brodführer (CDU) hatte neben dem Staatsvertrag seine ausführliche Kritik offiziell ins Internet gestellt. Namentlich ihm dankte Hoff nun für diesen Akt der Transparenz.
Den Vorwurf, Thüringen könne in eigenen Belangen überstimmt werden, wies er hingegen zurück. Allerdings entfallen laut aktuellem Entwurf nur je zwei von sechs Sitzen im KMSG-Stiftungsrat auf die beiden Länder. Auch gegen die Vokabel „Kulturraub“setzte Hoff sich zur Wehr: „Niemand wird uns unsere Identität nehmen können“, sagte er. „100 Jahre Landesgeschichte zeigen, dass wir eine starke Identität haben.“Die spezifisch thüringische Residenzkultur ist jedoch in den Jahrhunderten vor Gründung des Freistaates anno 1920 gewachsen.
Betriebsmittelzuschuss gefährdet
Wie aber geht es nun weiter in dem mühsamen Verfahren, das sich seit November 2018 hinzieht? – Mit Johannes Kahrs, dem finanzpolitischen SPD-Strategen im Deutschen Bundestag, ist inzwischen ein starker Befürworter der „großen“KMSG-Lösung von Bord gegangen. Gelänge nun eine Einigung darauf, das 400 Millionen Euro schwere
Sonderinvestitionsprogramm per Direktförderung oder auf dem Umweg einer „schlanken Förderstiftung“umzusetzen, könnten darüber die zusätzlich avisierten Betriebskostenzuschüsse seitens des Bundes – 30 Millionen Euro jährlich – verloren gehen. Gerade diese Regelung dürfte Monika Grütters ein Dorn im Auge sein, weil man unbefristete Verpflichtungen in Berlin nach Kräften vermeidet.
Der geplante Unesco-WelterbeAntrag für die Thüringer Residenzkultur spielt in Hoffs Erwägungen nur eine nachgeordnete Rolle. Eine Bewerbung um Aufnahme auf die nationale Tentativliste will man frühestens im Herbst 2021 einreichen. Den laufenden Antrag für das mittelalterliche jüdische Erbe in Erfurt nannte Hoff dagegen als Priorität: „Da sind wir auf der Zielgeraden.“Allerdings konkurrieren die Erfurter mit den SchUM-Städten Mainz, Worms und Speyer, die ebenfalls mit ihrem alten jüdischen Erbe auf der Tentativliste stehen.