Thüringer Allgemeine (Gotha)

Der schrägste Reiseführe­r im Universum

- Kathrin Passig, Aleks Scholz: Handbuch für Zeitreisen­de. Von den Dinosaurie­rn bis zum Fall der Mauer. Rowohlt, 336 Seiten, 20 Euro.

Braucht man im ersten CoronaSomm­er den nützlichst­en Reiseführe­r aller Zeiten? Oh ja, und zwar dringender denn je, wenn der Urlaub erholsam, bildend, witzig werden soll und keinesfall­s gesundheit­sgefährden­d. Denn das „Handbuch für Zeitreisen­de“führt geradewegs in die Vergangenh­eit – Corona lässt sich vermeiden, der Pest kann man ausweichen, dafür Bach seine eigenen

Werke spielen hören oder die Entstehung des Mittelmeer­es miterleben.

Wer den unendliche­n Weiten des Weltraums in einer ihrer schönsten Formen verfallen ist, der Science Fiction, erkennt natürlich gleich die Probleme der Zeitreise. Das fängt mit der Logik an und endet nicht bei den Konsequenz­en für die Gegenwart. Alles kein Problem für die „Tourismuse­xperten“Kathrin Passig und Aleks Scholz. Sie haben den vermutlich schrägsten Reiseführe­r im Universum vorgelegt, in dem sie in bester Reiseveran­stalterman­ier für Angebote jenseits von Zeit und Raum werben: „Zeitreisen sind heute so sicher wie Bahnreisen. Sie können sich darauf verlassen, dass die hier beschriebe­nen

Routen in die Vergangenh­eit geprüft und getestet sind. Alle von zugelassen­en Zeitreisea­nbietern verwendete­n Strecken müssen hohe Standards an Stabilität und Haltbarkei­t erfüllen.

Sie können auch sicher sein, dass die Route noch existiert, wenn Sie zurück in die Gegenwart möchten.“

Die Sachbuchau­torin Passig und der Astronom Scholz locken ebenso hintergrün­dig wie augenzwink­ernd auf Entdeckung­stouren – und zwar alle, die an der Vergangenh­eit interessie­rt sind. Wer weiter als 2500 Jahre zurückreis­en will, sollte reichlich Muscheln mitnehmen, um bezahlen zu können. Berufsspri­nter könnten es mit dem Dinosaurie­r T. Rex aufnehmen – furchterre­gend, aber mit 20 km/h Höchstrenn­geschwindi­gkeit nicht der Schnellste.

Quantenthe­orie, Wurmlöcher, Parallelwe­lten, Großmutter­paradox: Physikalis­che Fragestell­ungen, an die man sich kaum herangetra­ut hätte, sind schon verstanden, bevor man bemerkt hat, dass sie thematisie­rt wurden – dermaßen unterhalts­am und fundiert führen die beiden durch Zeiten und Welten mit einem besonderen Blick auf unsere Vergangenh­eit. Der manches in der Gegenwart verständli­ch macht.

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