Von einer Hölle in die nächste Exponat der Woche
Das Bild „Todesmarsch“von Gert Weber im Kunstforum Gotha
Gotha. Dicht drängen sich ausgemergelte Figuren aneinander. Am Horizont verschmelzen die Getriebenen zu einer gesichtslosen Masse. Einige nackt, andere bandagiert und vom Nachbarn gestützt, bewegen sie sich fort und schauen nicht zurück. Das Ziel werden viele nicht erreichen. Sie blicken zum Himmel hinauf, doch der Erlöser bildet sich auf dem Grund ab, auf dem sie ihrem Tod entgegen marschieren.
Nicht weit von Gräfenhain, Gert Webers Heimatort, gab es einen solchen Todesmarsch. 51 Kilometer vom Außenlager Ohrdruf bis nach Buchenwald, von einer Hölle in die nächste. Das Martyrium von 1945 inspirierte den Maler 2002 zu dem drei mal eineinhalb Meter großen Ölgemälde „Todesmarsch“, das im Kunstforum Gotha zu sehen ist. Gegenüber hängen in kleineren Formaten vier Tuschebilder, die Geschehnisse in Konzentrationslagern thematisieren.
Für seine künstlerischen Aufarbeitung der Naziverbrechen wird Gert Weber im Kunstmuseum der HolocaustGedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem geehrt. Auch bei der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an ihn 2018 wurde dieses Engagement hervorgehoben. Hinter dem „Todesmarsch“verbirgt sich jedoch auch eine ganz persönliche Geschichte.
Webers Mutter war 18 Jahre alt, als der Zweite Weltkrieg endete und sie mit ihrer Familie aus Ostpreußen vertrieben wurde. Dabei sei sie in Gefangenschaft geraten, erzählt der Künstler. Seine Mutter sei in ein Arbeitslager in die Sowjetunion gebracht worden, wo sie am „Wiederaufbau Russlands“mitwirkte – so sei es in einem Schreiben formuliert worden, das die junge Frau unterschreiben sollte. Auf der Reise nach Osten sei sie vier Wochen lang in einem Viehwaggon eingepfercht gewesen, ohne zu wissen, was sie erwartet – eine Tortur, die einem Todesmarsch gleichkommt, glaubt Gert Weber. Die Geschichte seiner Mutter und das Leid der KZ-Insassen nahe seiner Heimat, haben den Maler inspiriert.