Harmonisches Miteinander zauberhafter Stimmungen
Die Galerie Grahn zeigt in Bad Tabarz bis 4. Juli abstrakte Gemälde des Coburgers Gerd Kanz
Bad Tabarz. Zum wiederholten Mal zeigt der Bad Tabarzer Galerist Volker Grahn Malerei des Coburger Künstlers Gerd Kanz. „Ein Bild“, soll der einmal gesagt haben, „ist dann gut, wenn es etwas sichtbar macht und gleichzeitig ein Geheimnis in sich birgt.“Abstrakt in der Form, scheinen doch immer wieder naturhafte Zeichen im Oeuvre des Künstlers auf – mal erinnern sie an die rissige Borke uralter Bäume oder an den Verlauf von Blattadern, mal glauben wir in ein und derselben Figur die Konturen eines Baums zu erblicken und dann, plötzlich, den Umriss eines einzelnen Blatts.
Stets aber begegnen uns Farben, deren harmonisches Miteinander zauberhafte Stimmungen in inniger Naturnähe suggerieren. Hier sind die abstrakte Malweise und die lebendige Seele der Natur unauflöslich miteinander verquickt.
Etwas Besonderes im Schaffen des Künstlers stellen die Bilder seiner „blauen Periode“dar, die sich vom Alltäglichen auf eigentümliche Weise abgrenzen. Dafür steht in dieser Ausstellung das 80 mal 80 cm große Bild „Ultramarinblau“: Es scheint aus sich heraus zu leuchten, und auf Grund seiner räumlich strukturierten Oberfläche wirkt es irgendwie griffig.
Apopos Oberflächenstruktur – Kanz‘s Tafelbilder zeichnen sich durch ihre originelle Entstehungsweise aus: Grobe Linien schlägt er mit dem Stechbeitel ins Holz oder die Hartfaserplatte und hebt damit die Oberfläche entlang dieser Konturen an, wodurch zerklüftete, reliefartige Strukturen entstehen.
Abgespaltene Teile der Holz- oder Hartfaserplatte klebt er anschließend auf eine weitere Platte auf, dabei lässt er aber zwischen den Fragmenten schmale Abstände. So mag der Eindruck einer Art Collage entstehen.
Schließlich trägt er auf die flach auf dem Boden liegende Platte Öloder Acrylfarbe (oder beides auf) und verleiht ihr offenbar durch Beimischung von Kreide eine pastellartige Anmutung.
Auch nicht gerade üblich: In Kanz‘ Atelier wird man vergeblich nach Farbtuben suchen. Denn nicht anders als die Maler vergangener Jahrhunderte besorgt er sich die einzelnen Pigmente, die er benötigt, selbst und mischt daraus ganz individuell seine Farben.
Auf Bildtitel verzichtet Kanz entweder ganz und lässt damit dem Deutungsvermögen des Betrachters absolut freien Raum. Oder er verwendet Titel, die aber viel offen lassen, etwa „Calyx“(Blütenkelch), „Secret Garden“(geheimer Garten) oder „Essence of Growth“(Wesen des Wachstums), und das oft für mehrere Werke einer Serie. Egal, vor welchem Gemälde der Betrachter verweilt – die gleitenden Farbstimmungen sprechen ihn rasch und sehr persönlich an.
Was wiederum für die distanzarme Naturnähe dieser besonderen Art abstrakter Weltenspiegelung spricht. Selbst ein Bild aus der Reihe „Pflanzenwelten“in eher unscheinbarem Format fesselt sofort den Blick des Betrachters. Es ist in zartem Rosé gehalten, doch von künstlich-kitschiger Barby-Süße ist nichts zu spüren.
Es klingt paradox, ist es aber nicht: Wer Gerd Kanz‘ abstrakte Bilder „verstehen“will, der sollte ein Freund und aufmerksamer Beobachter der Natur mit ihrem unerschöpflichen Formen- und Farbenreichtum sein – und mit einem Hang zum Philosophieren. Bis zum 4. Juli besteht noch Gelegenheit, sich darin zu üben.