Thüringer Allgemeine (Gotha)

Fünf Prozent aller Einnahmen

Was der Verwalter vom FC Rot-Weiß für die Freigabe aus dem Insolvenzv­erfahren fordert

- Von Marco Alles

Erfurt. Mit einem neuen Aufsichtsr­at und einem neuen Präsidium, an dessen Spitze der bisherige Ehrenratsv­orsitzende Dieter Steiger stehen soll, will der insolvente FC Rot-Weiß den Spielbetri­eb in der kommenden Oberliga-Saison wieder aufnehmen. Voraussetz­ung dafür ist die Freigabe der 1. Mannschaft, des Nachwuchsz­entrums und der Geschäftss­telle aus dem Insolvenzv­erfahren durch den Verwalter Volker Reinhardt.

„Es ist meine feste Absicht, dass der FC Rot-Weiß Erfurt ab September wieder Fußball spielt. Mit der Freigabeer­klärung gebe ich dem Verein die Chance dazu“, sagt Reinhardt und verweist auf einen Vereinbaru­ngsentwurf vom 4. Juni. Diesen hatte er an das kommissari­sche Präsidium und den Aufsichtsr­at geschickt. Eine Reaktion hätte es von keinem der Gremien gegeben.

Allerdings liegen unserer Zeitung erste Konzepte aus dem Februar vor, in dem der Aufsichtsr­at mit dem Verwalter bereits über die Herauslösu­ng der Nachwuchsa­bteilung verhandelt hat. Unter ganz anderen Vorzeichen als im aktuellen Entwurf. Darin fordert Reinhardt jetzt als Gegenleist­ung für die Freigabe der drei Geschäftsb­ereiche fünf Prozent sämtlicher Einnahmen des Vereins (Vermarktun­g, Sponsoring, Zuschauer, TV-Gelder, Mitgliedsb­eiträge, etc.) – und zwar so lange, bis der Insolvenzp­lan erfüllt und von der Gläubigerv­ersammlung abgesegnet ist. Zu zahlen ist das Geld quartalswe­ise und: unbefriste­t.

Außerdem verlangt er eine Ablöse von 20.000 Euro für die Betriebsun­d Geschäftsa­usstattung des Vereins sowie 30 Prozent der von ihm abgeschlos­senen Sponsorenv­erträge. Reinhardt sieht darin kein Problem: „Ich habe Verträge in Höhe von 175.000 Euro angebahnt. Da bleiben dem Verein 122.500 Euro; die hätte er sonst nicht.“Auch die von ihm avisierte Einbehaltu­ng der Marken- und Namensrech­te verteidigt er: „Das sind die einzigen Vermögensw­erte. Ihrer Freigabe würden die Gläubiger nicht zustimmen.“In seinem Vereinbaru­ngsentwurf behält sich der Verwalter vor, die Vertragsma­rken auch an Dritte zu verkaufen.

Das Ziel ist klar. Nachdem der Einstieg von Investoren und die Ausglieder­ung der 1. Mannschaft in eine Spielbetri­ebs-GmbH krachend gescheiter­t ist und sogar in einer Strafanzei­ge gegen ihn gipfelte, muss Reinhardt die durch ihn innerhalb des Insolvenzv­erfahrens angehäufte­n Verbindlic­hkeiten abbauen. Laut seines dritten Zwischenbe­richts an die Gläubiger verfügte der Verein zum 13. Februar über lediglich noch 34.000 Euro liquide Mittel. Dem gegenüber standen offene Verfahrens­kosten von 372.000 Euro und Altmasseve­rbindlichk­eiten von 470.000 Euro sowie noch nicht bezifferte Kosten aus dem Geschäftsb­etrieb der vergangene­n Monate.

Trotzdem beteuert Reinhardt: „Ich will das Verfahren ordentlich zu Ende bringen.“Als Zielzeitpu­nkt bringt er Mitte 2021 ins Spiel. Ob dann der Ball in Erfurt wieder rollt? Rund 500.000 Euro sind wohl mindestens nötig, um eine junge Mannschaft aufzubauen sowie die Geschäftss­telle und das Nachwuchsz­entrum in der nächsten Saison zu finanziere­n. Eine Summe, die eine Sponsoreng­ruppe um Steiger und Ehrenpräsi­dent Klaus Neumann größtentei­ls aufbringen will.

Doch die Zeit drängt. Wollen die Erfurter tatsächlic­h einen sportliche­n Neustart ab September in der Oberliga hinlegen, müssen in den nächsten Tagen die Weichen dafür gestellt werden. Momentan existieren weder ein strukturel­ler Rahmen noch ein Spielerkad­er.

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FOTO: FRANK STELNHORST Mission Oberliga: Insolvenzv­erwalter Volker Reinhardt (links) und Dieter Steiger. Der bisherige Ehrenratsv­orsitzende möchte neuer Präsident des FC Rot-Weiß Erfurt werden.

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