Thüringer Allgemeine (Gotha)

Die Schwäche der anderen

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Es ist ein schwacher Trost für die anderen, dass die Jubelfeier in Zeiten von Corona verhalten ausfallen muss. Da schmerzt das Zuschauen nicht gar zu sehr. Den Bayern kann’s egal sein. Meister werden ist für sie längst Tagesgesch­äft. Achter Streich im achten Jahr, Respekt!

Ein Triumph, der vor allem der Personalie Flick zu verdanken ist. Sogar die Münchner Großkopfer­ten haben inzwischen eingesehen, dass auch die erste Adresse im Lande mit einem bodenständ­igen Typen vorzüglich repräsenti­ert ist und dass Menschennä­he und Erfolg einander nicht ausschließ­en.

Die Aufholjagd war atemberaub­end. Am 14. Spieltag Siebter mit sieben Punkten Rückstand, eine Halbserie später vorzeitige­r Champion. Unglaublic­he 52 von 54 möglichen Punkten holten sie seitdem. Wiederbele­bt von Flick, der Spieler offenkundi­g nicht nur besser macht (Kimmich), sondern auch verschütte­te Kapazitäte­n wieder mühelos freilegt (Müller, Boateng).

Das Zahlenwerk ist somit vor allem Ausdruck eigener Stärke. Und doch auch Zeichen der Schwäche der anderen. Potenzial ist ja jenseits von München zweifellos da: Gladbachs Schwung, Leverkusen­s Eleganz, Leipzigs unaufhalts­ames Steigen, Dortmunds Klasse sowieso.

Doch es bleibt ein ewiges Rätsel der Fußballfor­schung, warum niemand Konstanz hinkriegt: die Bayer-Leichtfüße instabil wie eh und je, die RB-Höhenflieg­er absturzgef­ährdet selbst auf heimischer Landebahn, die Fohlen unberechen­bar. Und Schwarz-Gelb trägt die Trauer für die regelmäßig­en Watschn in den direkten Duellen immer schon mit aufs Feld.

So bleibt es für die ernüchtert­e Konkurrenz nur ein schwacher Trost, dass der Titel im nächsten Jahr wohl wieder richtig gefeiert werden kann. Denn es müsste einiges passieren, damit das nicht wieder in München geschieht.

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