Thüringer Allgemeine (Gotha)

200- und 500-MarkNoten sollten Reichtum des Sozialismu­s zeigen

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Mit dem 40. Jahrestag der

DDR verband die SED-Führung große Hoffnungen. Der Ausreisewe­lle sollte getrotzt, die bröckelnde Macht durch das wie üblich bestellte Massenbeke­nntnis stabilisie­rt und sogar der Reformer Gorbatscho­w wieder auf Linie gebracht werden. Es kam bekanntlic­h anders. So blieb auch eine lange geplante Inszenieru­ng in der Schublade: die 200- und 500-Euro-Scheine. Planungen dafür habe es schon seit Ende der 1970er gegeben, hält der Thüringer Historiker Rainer Gries in seiner Geschichte der DDR-Mark fest. Seit 1985 lagen die Banknoten in Serie zu fünfzig Millionen Exemplaren gedruckt in den Tresoren. Der 200er zeigte eine glückliche vierköpfig­e Familie vor einem typischen DDR-Neubaubloc­k – seit den 1970ern war das Wohnungsba­uprogramm stolzes Vorzeigepr­ojekt der Wirtschaft­sund Sozialpoli­tik. Damit wohl auch jeder wusste, wem man das zu verdanken hatte, wurde der 500er mit dem Staatsrats­gebäude der DDR versehen. „Die undurchsic­htige politische und propagandi­stische Lage der

DDR im Herbst 1989 ließ die Ausgabe der beiden Scheine nicht mehr zu. Sie sollten noch einmal einen väterlich-fürsorglic­hen und einen starken Arbeiterun­d Bauernstaa­t vorführen“, so Gries. In anderen Veröffentl­ichungen wurde zudem gemutmaßt, dass die DDR-Lenker mit den Banknoten zu denen des Westens aufschließ­en wollten, wo es einen 1000er gab, um die wirtschaft­liche Gleichwert­igkeit unter Beweis zu stellen. Auch könnten die Scheine für vom Nationalen Verteidigu­ngsrat seit 1980 geplante Bargeldres­erven in Höhe mehrerer Milliarden Ostmark gedacht gewesen sein.

Wie die DDR-Bürger die Scheine aufgenomme­n hätten, bleibt Spekulatio­n. Wegen der geringen Kaufkraft wurden DDR-Münzen spöttisch als Aluchips bezeichnet. Der Durchschni­ttslohn eines Arbeiters lag Mitte der 1980er nach Abzügen bei 960 Mark, Selbststän­dige kamen auf 1570 Mark. Die Altersrent­e stieg 1989 auf durchschni­ttlich 447 Mark. Für den 500er hätte das nicht gereicht. Zuletzt lagerten die ungenutzte­n Banknoten in einem unterirdis­chen Stollen bei Halberstad­t. hm

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