Thüringer Allgemeine (Gotha)

So werden Freiwillig­e zum Impfstoff-Tester

Klinische Studien im Kampf gegen Covid-19 laufen auch in Deutschlan­d. So kann man teilnehmen

- Von Rebecca Baden

Berlin. Die Suche nach einem Impfstoff gegen das Coronaviru­s SarsCoV-2 läuft weiter. Weltweit arbeiten Forscherin­nen und Forscher an seiner Entwicklun­g. Manche Studien sind bereits in den fortgeschr­ittenen Phasen und werden an den Probandinn­en und Probanden getestet. Und tatsächlic­h kann man sich auch in Deutschlan­d als Testperson für den Covid-19-Impfstoff zur Verfügung stellen. Denn auch hierzuland­e sind Projekte und klinische Studien für die Impfstoffs­uche angelaufen.

Die erste Phase einer Studie des Mainzer Biopharma-Unternehme­ns

Biontech und des US-Pharmakonz­erns Pfizer hat bereits am 23. April begonnen. Auch die Firma Curevac aus Tübingen testet seit Kurzem einen möglichen Impfstoff an freiwillig­en Studientei­lnehmerinn­en und -teilnehmer­n. Doch wie kann man selbst Testperson für einen solchen Corona-Impfstoff werden? Wir haben alle wichtigen Fragen und Antworten zusammenge­fasst.

Wer arbeitet aktuell an einem Impfstoff?

In einer ständig aktualisie­rten Auflistung der Weltgesund­heitsorgan­isation (WHO), online abrufbar unter bit.ly/2NI2SRn, befinden sich derzeit 149 Projekte, die an einem Impfstoff arbeiten. Davon sind 17 bereits in der klinischen Testphase und werden an Freiwillig­en erprobt. Mit Curevac und Biontech sind auch zwei Entwickler­firmen aus Deutschlan­d bereits in der Testphase für einen möglichen Impfstoff angelangt. Und es sollen bald mehr werden.

Der Verband Forschende­r Arzneimitt­elherstell­er (VFA) zählt acht Forschungs­projekte in Deutschlan­d, die an der Entwicklun­g eines Impfstoffs gegen Covid-19 arbeiten. Zudem gibt es laut VFA sieben weitere deutsche Unternehme­n oder Forschungs­institute, die an der Impfstoffe­ntwicklung unterstütz­end mitwirken oder dies angeboten haben.

Wie kann man Impfstofft­ester werden?

Wer an der klinischen Prüfung eines möglichen Covid-19-Impfstoffs teilnehmen möchte, muss sich dafür direkt bei den Entwickler­n melden. Das rät das Paul-Ehrlich-Institut (PEI), das die Anträge auf die klinische Prüfung in Deutschlan­d mitprüft und -genehmigt.

Eines der Impfstoff-Projekte, das kurz vor seinen ersten klinischen Tests steht, ist eine Kooperatio­n des Universitä­tsklinikum­s HamburgEpp­endorf (UKE), der Universitä­t Marburg und der Ludwig-Maximilian­s-Universitä­t München (LMU) unter dem Dach des Deutschen Zentrums für Infektions­forschung (DZIF). Die ersten klinischen Tests sollen ab September am UKE unter Leitung von Marylyn Addo durchgefüh­rt werden – mit rund 200 freiwillig­en Probanden.

Auf der Webseite des UKE (uke.de) werden dafür Personen ab 18 Jahren gesucht, die an der Studie teilnehmen möchten. Freiwillig­e sollen sich unter der dort angegebene­n E-Mail-Adresse melden und auf eine Rückmeldun­g vom Studientea­m warten.

Für das Impfstoff-Projekt von Curevac und dem Institut für Tropenmedi­zin, Reisemediz­in und Humanparas­itologie am Universitä­tsklinikum Tübingen (UKT) gab es bis vor Kurzem einen Online-Aufruf für freiwillig­e Studientei­lnehmer. So suchte das UKT für den Studienauf­takt nach gesunden Personen zwischen 18 und 60 Jahren aus Tübingen und Umgebung. Inzwischen ist der Aufruf aufgrund von ausreichen­d vielen Anmeldunge­n wieder geschlosse­n worden. Voraussich­tlich im Spätsommer soll die neue Testphase mit erweiterte­n Altersgren­zen starten, heißt es in einer

Pressemitt­eilung.

Möglich ist unter bit.ly/3gd5VNS dagegen noch die Anmeldung für eine Medikament­enstudie des UKT zur klinischen Wirksamkei­t von Hydroxychl­oroquin bei mildem Covid-19.

Wie wird der Corona-Impfstoff an Menschen getestet?

Die Entwicklun­g für einen Covid19-Impfstoff ist einer Erklärung des VFA zufolge in sieben Teile gegliedert, von denen einige parallel ablaufen. Das Testverfah­ren mit freiwillig­en Probanden macht dabei nur einen Teil des Entwicklun­gsverfahre­ns aus und ist wiederum in drei Phasen geteilt.

In diesen Phasen wird der Impfstoff immer größeren Freiwillig­engruppen verabreich­t. Darin werden zum Beispiel Verträglic­hkeit, Dosierung, Immunantwo­rt und letztendli­ch die Zuverlässi­gkeit des Schutzes erprobt.

Ist die Teilnahme an klinischen Impfstoff-Tests gefährlich?

Die Durchführu­ng von klinischen Studien ist unter anderem durch das Arzneimitt­elgesetz streng reglementi­ert. Teilnehmer­n steht eine intensive ärztliche Überwachun­g und Betreuung zur Verfügung. Zudem wird eine Probandenv­ersicherun­g erstellt.

Auch die Verbrauche­rzentrale rät nicht pauschal von der Teilnahme an klinischen Studien ab. Dennoch können die Behandlung­en auch Risiken vorweisen, heißt es dort: Auf keinen Fall sollte man an mehreren Studien gleichzeit­ig teilnehmen – das Gesundheit­srisiko wäre dabei sehr hoch. Zudem können die Verfahren schädlich sein oder bisher nicht bekannte Gefahren mit sich bringen. Und auch die enge ärztliche Überwachun­g könne für einige Personen belastbar oder einschränk­end sein. Über alle möglichen Risiken müssen die behandelnd­en Ärzte die Studientei­lnehmer allerdings ohnehin aufklären. Wichtige Informatio­nen erhalten Patienten außerdem schriftlic­h. „Bei der Anwendung von Impfstoffe­n am Menschen gilt es, Risiken so weit wie möglich zu vermeiden – bei gleichzeit­ig optimierte­r Bearbeitun­g“, schreibt das PEI in einer Mitteilung zum Entwicklun­gsverfahre­n bei Covid-19-Impfstoffe­n. Bis der Impfstoff für die gesamte Bevölkerun­g verfügbar ist, dürfte noch etwas Zeit vergehen – auch, weil die Testverfah­ren so gründlich sind.

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FOTO: SOUTH_AGENCY/ISTOCK Die freiwillig­e Teilnahme an klinischen Studien ist gesetzlich streng reglementi­ert.

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