„Deutschland hat es gut gemacht“
Chefs der Thüringen-Kliniken ziehen versöhnliches Fazit nach vier Monaten Pandemie
Saalfeld. Im März schnellten die Corona-Zahlen nach oben. Krankenhäuser sollten nicht dringende Operationen zurückstellen und Kapazitäten für schwere Covid-19-Fälle freihalten. Der Bund versprach, den Lockdown abzumildern. Den Gesetzentwurf zum Covid-19-Krankenhausentlastungsgesetz bezeichneten die Geschäftsführer der Thüringen-Kliniken, Manuela Faber und Thomas Krönert, seinerzeit allerdings als Witz. Der Entwurf riskiere das Fortbestehen der Kliniken. In einem Brandbrief an das Thüringer Gesundheitsministerium hieß es, man fühle sich mit ungeklärten finanziellen Fragen allein gelassen und sei maßlos enttäuscht.
Vier Monate später treffen wir beide im Büro der Geschäftsführung in Saalfeld. Die Atmosphäre wirkt entspannt. Deutschland habe es gut gemacht, auch weil zur richtigen Zeit doch noch die richtigen Schlüsse aus der Pandemie gezogen wurden, sagen Faber und Krönert. Eine Reaktion auf ihren Brief gab es damals aus Erfurt zwar nicht. Dass derartige Mahnrufe auch anderer Kliniken aber nicht verpufften, habe sich an mehreren Korrekturen des Corona-Managements gezeigt.
Mit 800 Betten und knapp 2000 Beschäftigten sind die ThüringenKliniken das größte kommunale Krankenhaus im Bundesland. Drei Standorte gehören zum Verbund. Das Stammhaus in Saalfeld wurde zwischen 1952 und 1958 gebaut und in den vergangenen Jahren unter anderem um eine moderne Psychiatrie mit gerontopsychiatrischem Schwerpunkt erweitert. In Rudolstadt entstand ein Neubau, in Pößneck wurde ein älterer Bau erweitert. Seit Jahren setzt man untereinander auf Kooperation und Spezialisierungen. So kann auch ein kleines Krankenhaus wie das in Pößneck gerade so bestehen.
Und so kam man auch durch die mitunter chaotische Corona-Zeit. Als es kein Desinfektionsmittel gab, besorgte man Alkohol aus umliegenden Schnapsbrennereien, um ihn in der eigenen Apotheke zu verarbeiten. Als eine vom Land lange versprochene Lieferung mit Schutzkleidung endlich eintraf, enthielt sie statt der erwarteten Masken zigtausende Einweghandschuhe. So ließ man sich den Mund-Nasen-Schutz vor Ort von Freiwilligen nähen.
Der erste stationäre Corona-Patient in Thüringen überhaupt war in den Thüringen-Kliniken behandelt und geheilt entlassen worden. Insgesamt waren es bisher 40 stationär aufgenommene Covid-19-Erkrankte, viel weniger als auf den zwei vorgehaltenen Intensivstationen erwartet. Ungefähr um die Hälfte war dafür der Klinikbetrieb zurückgefahren, Notoperationen fanden aber immer statt. War der Preis des Lockdowns zu hoch? Die Geschäftsführer verneinen. Für Ärzte zähle jedes Leben jeden Alters gleichviel. Zu meinen, man könne ein paar Alte opfern, sei zynisch und missachte deren Beitrag zum Leben, dass wir heute führen können.
Inzwischen kehren auch die Thüringen-Kliniken wieder zu mehr Normalität zurück. Corona habe den Klinikalltag aber verändert. Die einzelnen Klinik-Bereiche seien enger zusammengerückt. Man können den Mitarbeitern gar nicht genug danken für Einsatz und Solidarität untereinander, betonen Faber und Krönert. Bei den ThüringenKliniken gibt es jetzt ein Lager für Schutzkleidungen, die Pandemiepläne wurden angepasst. Konsequenzen erwarte man auch von der Politik. Investitionsförderung dürfe nicht länger ein Stiefkind bleiben, gute Behandlungsqualität müsse auskömmlich finanziert werden.
Draußen trägt die Figurengruppe vor dem Saalfelder Hauptgebäude immer noch Maske. Es ist eine inzwischen fast schon heitere Szene.