Thüringer Allgemeine (Gotha)

Die neue Lust auf Reisen ins Ausland

Verband: Für Juli und August werden wieder mehr Urlaube gebucht - Ziele am Mittelmeer besonders beliebt

- Von Beate Kranz

Berlin. Vor gut zwei Wochen hat Deutschlan­d seine Reisewarnu­ngen für Europa aufgehoben. Fluggesell­schaften, Flughäfen, Hotels und Pensionen sowie Bustransfe­runternehm­en haben nach drei Monaten des langen Corona-Stillstand­s ihre Betriebe auf die neuen Abstandsun­d Hygienereg­eln umgestellt.

Mit jedem Tag nehmen seither nicht nur Airlines wieder mehr Flüge in ihr Angebot – auch die Reiselust vieler Deutschen ins Ausland wird wieder geweckt. Der Urlaub in der Heimat bleibt somit für diesen Sommer doch nicht die einzige Alternativ­e für eine Ferienreis­e – die Auswahl wächst wieder.

Seit zwei Wochen ist erstmals bei Pauschalre­isen wieder ein deutlicher Anstieg der Buchungen für die Ferienmona­te Juli und August zu verzeichne­n. Spontane und kurzfristi­ge Buchungen nehmen zu – und zwar in Reisebüros wie in Online-Portalen. „Wurde vor rund vier Wochen noch fast ausschließ­lich Deutschlan­durlaub gebucht, verlagert sich das Interesse nun zusätzlich in Richtung Flugreisen ans Mittelmeer“, berichtet der Deutsche Reiseverba­nd (DRV) unserer Redaktion das Ergebnis einer aktuellen Auswertung des Marktforsc­hungsinsti­tuts TDA Travel Intelligen­ce. Beliebt sind vor allem Ziele am westlichen Mittelmeer.

Die meisten Neubuchung­en für Reisen verzeichne­ten die Reiseveran­stalter für die spanischen Inseln. 15 Prozent buchten in der vergangene­n Woche einen Flug auf die Balearen – wie Mallorca oder Ibiza –, elf Prozent entschiede­n sich für die Kanaren. Ziele in Deutschlan­d wurden von 25 Prozent ausgewählt. Griechenla­nd wählten 21 Prozent der Neubucher. Während der deutschen Sommer-Ferienzeit­en nehmen aber auch die Buchungen für Österreich, Italien und Kroatien jeweils im einstellig­en Bereich zu.

Flusskreuz­fahrten innerhalb Deutschlan­ds und Europas sind laut Reiseverba­nd ebenso wieder möglich, genauso wie Busreisen und Studienrei­sen in eine begrenzte Anzahl an Ländern. Von Kreuzfahrt­en auf dem Meer rät das Auswärtige Amt dagegen weiterhin ab.

„Damit wächst seit vier Wochen der Anteil von Flugpausch­alreisen für diesen Sommer wieder stetig, aber auch die Nachfrage nach einzeln gebuchten Unterkünft­en bleibt bestehen“, so der Reiseverba­nd.

Trotz dieses Aufwärtstr­ends liegt die Gesamtzahl an Buchungen aber weiterhin deutlich unter früheren Rekordzahl­en – sie entspreche­n etwa einem Viertel des Vorjahres. Die deutsche Reisewirts­chaft weist laut Reiseverba­nd aktuell für dieses Jahr einen Umsatzrück­gang von 20 Milliarden Euro aus. Von einer Erholung für Reisebüros und Reiseveran­stalter könne deshalb noch keine Rede sein.

Die Einnahmelü­cken können auch deshalb nicht geschlosse­n werden, da beliebte Ferienländ­er der Deutschen bisher nicht bereist werden können. Dazu gehören die Türkei, Tunesien, Ägypten, Marokko sowie viele Fernreisez­iele. Für Algerien, Australien, Kanada, Georgien, Japan, Montenegro, Marokko, Neuseeland, Ruanda, Serbien, Südkorea, Thailand, Tunesien und Uruguay hat die EU am Mittwoch die Reisewarnu­ngen dagegen wieder aufgehoben. Dennoch: Für die meisten Länder gelten diese noch bis zum 31. August.

„Wir erwarten von Außenminis­ter Heiko Maas, dass er die Welt wieder differenzi­ert betrachtet und nicht 160 Staaten über einen Kamm schert“, fordert DRV-Präsident Norbert Fiebig. „Es gibt touristisc­he Zielgebiet­e mit nachweisli­ch weniger Infizierte­n als in Deutschlan­d.“

Wo Corona-Zahlen niedrig und das Gesundheit­ssystem leistungsf­ähig sei, müsse die Reisewarnu­ng durch Reisehinwe­ise ersetzt werden. „Das ist gut für die jeweiligen Länder und die deutschen Urlauber“, meint Fiebig. Die pauschale Reisewarnu­ng verunsiche­re Kunden und sei für viele Spezialrei­severansta­lter existenzbe­drohend.

Das Flugangebo­t liegt derzeit bei 27 Prozent des Vorjahres

Neben Pauschalur­laubern sind aber auch wieder mehr Individual­reisende unterwegs. So erwarteten die griechisch­en Inseln Korfu, Santorin, Mykonos, Rhodos und Kreta am Mittwoch mehr als 100 Flugzeuge aus dem Ausland. Allerdings müssen sich Reisende dorthin 48 Stunden vor ihrer Einreise online anmelden und einen Fragebogen ausfüllen.

Während viele Airlines um ihre Existenz kämpfen oder ihr Überleben durch Staatshilf­en – wie bei Lufthansa – gesichert wurde, nehmen sie gleichzeit­ig ihren Flugbetrie­b wieder langsam auf. Allerdings noch deutlich unter dem Niveau des Vorjahres. Im Juli wollen die Airlines wieder 64 Prozent ihres bisherigen Streckenne­tzes von deutschen Flughäfen bedienen, berichtet der Bundesverb­and der Deutschen Luftverkeh­rswirtscha­ft (BDL). Im Juni waren es lediglich rund 30 Prozent.

So können nunmehr wieder 239 Ziele in 69 Ländern – insbesonde­re in Europa und klassische­n Urlaubsgeb­ieten – erreicht werden. Allerdings nicht in derselben Häufigkeit wie vor der Corona-Krise. Das Flugangebo­t liegt im Vergleich zum Vorjahr aktuell nur bei 27 Prozent. Die frühere Normalität sieht anders aus.

„Es gibt touristisc­he Zielgebiet­e mit nachweisli­ch weniger Infizierte­n als in Deutschlan­d.“Norbert Fiebig, DRV-Präsident

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FOTO: IMAGO/IMAGES In Kroatien genießen bereits die ersten Urlauber in Corona-Zeiten wieder den Strand in Makarska an der dalmatinis­chen Küste.

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