Plan B für die neue Spielzeit bekommt klare Konturen
Die Thüringen-Philharmonie Gotha-Eisenach erwägt abendliche Doppelkonzerte
Gotha. Am kommenden Wochenende spielt die Thüringen-Philharmonie Gotha-Eisenach im Hof von Schloss Friedenstein „Beethoven pur!“. Das klingt nach normalem Konzertalltag. Ist es aber nicht. Aus der Corona-Not heraus haben die Orchesterstrategen die erste Philharmonische SommerkonzerteReihe kreiert. Mit Normalität rechnet Intendantin Michaela Barchevitch auch für die kommende Spielzeit 2020/21 nicht. Ungeachtet dessen sind die Planungen angelaufen. Es gebe einen Plan A und einen Plan B, um für alle Eventualitäten gewappnet zu sein.
Seit Monaten liege der fertige Plan A mit dem Motto „Das fünfte Element“parat, berichtet die Intendantin. Dessen Umsetzung ist aber mehr als unwahrscheinlich. Unter anderem sollten Werke mit exponierter Besetzung wie die Symphonie fantastique von Hector Berlioz aufgeführt werden. Bleiben die Konditionen wie jetzt und entspannt sich die Pandemie nicht weiter, sei das undenkbar. Deswegen werde nach Äquivalenten gesucht.
Ein Teil des Programms könne wohl für Plan B übernommen werden, alles in kleinerer Besetzung. „Gott sei Dank sind in den letzten drei Jahrhunderten so viele schöne Werke geschrieben worden, dass es für uns überhaupt kein Problem sein wird, ein schönes Programm zusammenstellen“, sagt Barchevitch. Doch örtliche Gegebenheiten müssen auch berücksichtigt werden, wie viele Zuhörer nämlich einem Konzert beiwohnen dürfen. Derzeit gibt es allein 600 Abonnenten. Schon jetzt sei absehbar, dass die Abo-Konzerte nicht in gewohnter Form stattfinden können. Es steht in Rede, sie auf 70 Minuten zu begrenzen und zweimal hintereinander an einem Abend zu spielen. „Da sind wir auf Abstimmung mit den Gesundheitsämtern angewiesen“, sagt Barchevitch. Um alle Fragen abzuklären, bleibt noch etwas Zeit. Das erste Abo-Konzert sollte am 24. September gegeben werden.
Zwei Konzerte an einem Abend stellen für Orchestermusiker wie
Solisten eine besondere Herausforderung dar. Barchevitch: „Aber es ist nun mal eine außergewöhnliche Situation, in der wir uns alle befinden.“Beispielhaft war der Pfingstauftritt von Pianistin Ragna Schirmer, derzeit Artist in Residence. Sie gab ein Konzert mit Livestream in der Margarethenkirche. „Die Solisten sind bereit, viele neue Wege zu gehen“, so die Intendantin .
Klar ist: Bis Ende August wird das gesamte Orchester noch nicht in geschlossenen Räumen spielen. Derzeit probt Chefdirigent Markus Huber mit 55 Musikern auf der gesamten Fläche des Saals auf der Schönen Aussicht. Für alle 73 Orchestermitglieder (bei 59 Planstellen) sei so kein Platz. Der Streicherapparat sei reduziert. Werke mit großer Bläserbesetzung und wenigen Streichern klingen aber nicht harmonisch. Spielen mit Mundschutz höre spätestens bei den Bläsern auf. Die Philharmonie habe Messungen an der Bauhaus-Uni Weimar am Schlieren-Spiegel in Auftrag gegeben, um den Aerosol-Ausstoß zu ermitteln. Es geht darum, welche Infektionsgefahr für Kollegen oder Publikum tatsächlich entstünden.
Bleibe die Situation wie jetzt, gebe es keine neuen Beschränkungen, dann sei denkbar, dass die Philharmonie bereits Mitte August neue Open-Air-Konzerte gebe. Sie würden dazu beitragen, den finanziellen Einbruch für das Orchester etwas zu minimieren.
Finanzielle Situation ist noch „im grünen Bereich“
Gastspiele, eine der Haupteinnahmequellen, sind bis Jahresende abgesagt. Jetzt werden aber schon Termine für 2021 und 2022 vereinbart. Auch die Kalkulation für die Konzerte in heimischen Spielstätten sei nicht haltbar, sagt die Intendantin. Der Trägerverein hatte zur Jahreshauptversammlung im Dezember 2019 noch stolz auf eine Rücklage von 1,5 Millionen Euro verweisen können. Doch die war dazu ausersehen, in Zukunft vereinbarte Tarifsteigerungen bezahlen zu können. Michaela Barchevitch gibt Entwarnung: „Im Moment ist alles noch im grünen Bereich.“