Brutaler Überfall vor der Staatskanzlei
Staatsanwaltschaft korrigiert erste Polizeieinschätzung. Täter mutmaßlich aus der Kampfsportszene
Erfurt. Die Schlägerei im Erfurter Hirschgarten am Samstagmorgen gegen 1 Uhr stellt sich offenbar anders dar, als von der Polizei am Wochenende zunächst veröffentlicht. Die Landespolizeidirektion Erfurt schreibt in einer Meldung vom Samstagmittag von einem Aufeinandertreffen zweier Gruppen von Jugendlichen und mehreren körperlichen Auseinandersetzungen.
Die zuständige Erfurter Staatsanwaltschaft geht am Sonntag aber bereits einen Schritt weiter. Es spreche viel dafür, dass die eine Gruppe die andere angegriffen habe, sagte Behördensprecher Hannes Grünseisen auf Anfrage. Die Gruppe der mutmaßlichen Angreifer war nach Informationen dieser Zeitung etwa 20 Personen stark. Sie sollen – zum Teil mit Sturmhaube maskiert – eine im Hirschgarten sitzende andere Gruppe brutal überfallen haben. Die Polizei schreibt in ihrer Meldung von fünf zum Teil schwer verletzten Personen.
Auch drei Polizisten seien leicht verletzt worden. Wie brutal die Auseinandersetzung abgelaufen sein muss, zeigen die zahlreichen Blutspuren am Tatort.
Die Tat ereignete sich unmittelbar vor dem Regierungssitz. Deshalb konnte am Wochenende bereits Videomaterial der Staatskanzlei ausgewertet werden. Dass es sich bei den Angreifern um Rechtsextremisten
aus Erfurt handeln könnte, will die Staatsanwaltschaft bisher nicht kommentieren. Nach Informationen dieser Zeitung haben einige der Angreifer szenetypische Kleidung getragen, die auf deren Zugehörigkeit zur rechtsextremen Kampfsportszene hindeutet. Mehrere Zeugen berichten zudem davon – etwa in sozialen Netzwerken –, dass die Täter in diese Szene eingeordnet werden könnten. Demnach soll der Polizei sogar bereits ein Name eines einschlägig bekannten Erfurter Neonazis genannt worden sein, der beteiligt gewesen sein könnte.
Der Vorsitzende der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus in Thüringen (mobit), Sandro Witt, sagte auf Anfrage: „Meine Forderung ergeht an die zuständigen Stellen, die Täter zu ermitteln und für diese brutale und hinterhältige Tat vor Gericht zu bringen.“Er riet den Betroffenen, sich an die Beratungsstelle Ezra für Opfer von rechter Gewalt zu wenden.
Die Polizei hat nach der Tat drei Personen festgenommen, die als Tatverdächtige identifiziert wurden. Die drei Deutschen wurden aber alle wieder auf freien Fuß gesetzt. Bei einem der drei habe sich, heißt es von der Staatsanwaltschaft, der dringende Tatverdacht nicht bestätigt. Bei den anderen beiden Tatverdächtigen hätten keine Haftgründe vorgelegen. Einer der Tatverdächtigen sei allerdings wegen Gewaltdelikten bekannt.