Neue Obergrenzen für Partys?
Länder ringen um Vorschriften für Feiern - Gesundheitsminister wollen Regeln für Reiserückkehrer ändern
Berlin. „Was gilt denn jetzt?“Das ist die Frage, die sich jeder stellt, der gerade Reisen plant, Geburtstagsfeiern organisiert oder schlicht wissen will, welche Strafe droht, wenn er ohne Maske im Bus erwischt wird. Die Antwort ist: Mal so, mal so. Sechzehn Bundesländer, sechzehn unterschiedliche Corona-Regelungen. An diesem Donnerstag schalten sich die Regierungschefs der Länder mit der Kanzlerin zusammen, die Erwartungen an die Spitzenrunde sind groß: Experten fordern einheitliche Regeln für Bußgelder, Obergrenzen für Feiern und Standards fürs Maskentragen. Auch Angela Merkel wirbt für bundesweit „ähnliche“Regeln. Doch viele Länderchefs lehnen das vehement ab.
Die Gesundheitsminister von Bund und Ländern konnten sich am Montag nach Angaben des Kieler Gesundheitsministeriums zumindest auf zwei gemeinsame Empfehlungen für die Regierungschefs einigen. Wie eine Sprecherin erklärte, sollen nach dem Willen der Fachminister Tests für Reiserückkehrer aus Nicht-Risikogebieten künftig nicht mehr kostenfrei sein. Zudem stellten sich die Länder hinter einen Vorschlag von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), der die Pflichttests für Rückkehrer aus Risikogebieten in Zukunft zugunsten einer strengen Quarantäne-Regelung wieder abschaffen will.
Wie groß sind die Gemeinsamkeiten auf Seiten der Länder?
Mehr als 2000 Neuinfektionen innerhalb eines Tages – mit dieser alarmierenden Zahl endete die vergangene Woche. Die neue Woche begann mit einer klaren Ansage: „Wir müssen diese Zahlen wieder runter bekommen“, ließ Merkel am Montagmorgen ihren Sprecher Steffen Seibert mahnen. Bei der Videoschalte am Donnerstag sollen die Länderchefs über neue Einschränkungen beraten, aktuell lotet das Kanzleramt in den Landeshauptstädten aus, wie viel Gemeinsamkeit diesmal möglich ist.
Nicht viel, so scheint es. Die Gräben sind tief und sie laufen quer durch die politischen Lager. Die Gesundheitsminister blieben am Montag in diesem Punkt uneins, nicht anders sieht es auf Ebene der Regierungschefs aus. Saar-Regierungschef Tobias Hans (CDU) etwa fordert bundesweit einheitliche Corona-Schutzvorschriften. Die Ministerpräsidenten müssten bei ihrer
Schaltkonferenz darüber beraten, „ob wir Lockerungen wieder zurücknehmen müssen beziehungsweise Verschärfungen von Auflagen und Strafen brauchen“, sagte Hans dieser Redaktion. „Es wäre wünschenswert, wenn Bund und Länder sich dabei auf ein gemeinsames Vorgehen einigen könnten.“Die wieder ansteigenden Corona-Infektionen beobachte er mit Sorge, fügte Hans hinzu. „Bei allem Verständnis für private Feiern oder Urlaubsreisen kann ich nur vor einem zu leichtfertigen Verhalten warnen.“
Sein Parteifreund Rainer Haseloff dagegen, Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, verweist darauf, dass das Infektionsgeschehen „regional sehr unterschiedlich“sei. „Deshalb macht es Sinn, auch regional unterschiedlich zu reagieren.“Der Föderalismus habe sich hier bewährt. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) wiederum fordert ein gemeinsames Vorgehen der Länder, auch Brandenburgs Ministerpräsident Manfred Woidke (SPD) und Bayerns Regierungschef Markus Söder (CSU) setzen sich dafür ein.
Die Debatte um Obergrenzen hatte Gesundheitsminister Spahn angestoßen. Sein Argument: Zwar haben sich aktuell vier von zehn positiv Getesteten im Ausland angesteckt, doch die Mehrheit der Menschen infiziert sich nach wie vor im Familienkreis und bei Feiern aller Art im Inland.
Gibt es bald einheitliche Bußgelder?
Die Forderung danach wird seit Tagen lauter – doch die Chancen dafür sind seit Montag noch schlechter geworden. Warum? Weil einige Länder ihre Maßnahmen gerade drastisch verschärfen – andere dagegen weiterhin kaum Bußgelder verhängen. Wer etwa in SachsenAnhalt gegen die Maskenpflicht verstößt, soll auch künftig keine Strafe zahlen müssen. Ganz anders in Bayern: Mit höheren Bußgeldern für Maskenverweigerer und mehr Kontrollen will Regierungschef Söder die Ausbreitung des Coronavirus bremsen. „Wir werden den Bußgeldkatalog auf 250 Euro im einmaligen Fall und bis 500 Euro bei mehrmaligen Verstößen anheben“, erklärte der CSU-Politiker am Montag in München. Für Verstöße gegen Quarantäneauflagen sollen zudem 2000 Euro fällig werden.
Gibt es neue Test-Regeln für Reiserückkehrer?
Die Testlabore stoßen an ihre Grenzen: 1,2 Millionen Tests können derzeit in Deutschland theoretisch jede Woche durchgeführt werden, durch die Ausweitung der Tests für
Reiserückkehrer sind die Labore an vielen Orten jedoch heillos überlastet. Um Tests in Kliniken oder Altenheimen nicht zu gefährden, will die Bundesregierung neue Prioritäten setzen. Nach einem Vorschlag von Gesundheitsminister Spahn sollen die Corona-Pflichttests für Reiserückkehrer aus Risikogebieten im Herbst wieder wegfallen.
Die Idee dahinter: Statt Reisende direkt bei der Einreise zum Test zu verpflichten, könnte dann wieder primär eine Quarantänepflicht greifen. Die Quarantäne könne „nur durch ein negatives Testergebnis bei einer Testung nach frühestens fünf Tagen nach Einreise beendet werden“, heißt es in Spahns Vorschlag, der am Montag an seine Länderkollegen ging. Heißt: Wer aus einem Risikogebiet kommt, muss in jedem Fall erstmal in eine mehrtägige Quarantäne. Die Hoffnung dahinter: Der Ansturm auf Teststationen und Labore wird kleiner. Die Gefahr: Ob sich alle Rückkehrer an die Quarantäne halten, lässt sich nicht kontrollieren.
„Es wäre wünschenswert, wenn Bund und Länder sich auf ein gemeinsames Vorgehen einigen könnten“Tobias Hans (CDU),
Ministerpräsident des Saarlands