Goethes Topfpflanzen und die Nofretete aus Milda
Vielschichtiges Ausstellungsprojekt verbindet Weimar, Jena und elf weitere Kulturorte
Jena/Weimar. Ein Stempel aus Burgk; eine weibliche Büste, die an Nofretete erinnert; Bilder mit behelmten DDR-Arbeitern; Topfpflanzen aus dem Kirstenschen Haus in Jena; Porzellanpuppen-Relikte, gefunden im ostthüringischen Flüsschen Schwarza: Die Ausstellung „Vom Glück der Provinz“des Jenaer Kunstvereines versammelt unterschiedlichste Werke aus der Peripherie des Freistaates.
Die Schau ist Teil eines vielschichtigen Ausstellungsprojektes zum Kunstfest Weimar: Die dort beheimatete Galerie ACC und der Kunstverein Jena haben elf besondere Thüringer Kulturorte jenseits der Städtekette ausgewählt, die anlässlich 100 Jahre Freistaat Thüringen jeweils eine Sonderschau präsentieren: vom Kunsthaus Müller über die Gasmaschinenzentrale Unterwellenborn und das Goethemuseum Stützerbach bis zum Astronomiemuseum der Sternwarte Sonneberg.
Kunstwerke auf Leinwand projiziert
Zusammengeführt werden die Satellitenausstellungen durch die zentrale Präsentation im Kunstverein sowie eine noch größere Überblicksschau im ACC, kuratiert von Galerieleiter Frank Motz. In beiden Expositionen werden exemplarische Arbeiten der zwölf PeripherieProjekte präsentiert.
Die weibliche Büste im Kunstverein, die an Nofretete denken lässt, stammt beispielsweise von Jochen Bach. An der Plinzmühle nahe Milda südlich von Jena hat er einen Skulpturengarten voll bunter, frivoler Szenen geschaffen. Die behelmten DDR-Arbeiter gehören zur Kunstsammlung Maxhütte, die die Arbeitswelt der DDR thematisiert. Ein Teil der Kunstwerke wird in der Gasmaschinenzentrale Unterwellborn auf Leinwand projiziert.
Die Zimmerpflanzen gehören zum Kunstprojekt „Goethes Topfpflanzen“von Sonya Schönberger. Sie hat die Bewohner des Kirstenschen Hauses in Jena gebeten, ihre Grünpflanzen für die Dauer der Ausstellung im Kunstverein zu präsentieren.
„Im Kirstenschen Haus lebte einst Schiller“, erläutert Kunstvereinsvorsitzender Robert Sorg. Dort haben Goethe und Schiller beim Gespräch über die Urpflanze ihre Freundschaft begründet.
Im Goethemuseum in Stützerbach stellt Künstlerin Schönberger Setzlinge aus dem Botanischen Garten Jena aus, die für Pflanzen aus dem Goethe-Nationalmuseum in Weimar stehen. Sonya Schönberger setze sich mit ihrer Arbeit auch mit der europäischen Kolonialgeschichte auseinander, sagt Robert Sorg.
Reich an Querverweisen ist auch die Arbeit „Landutensil“von Yvonne Andrä und Stefan Petermann. Die beiden präsentieren im ACC und im Kunstverein besondere Gegenstände aus den kleinsten Dörfern Thüringens.
Der Abdruck des Stempels aus Burgk belegt, dass der Besitzer die Etappe zehn des Internationalen
Bergwanderweges Eisenach-Budapest gemeistert hat.
Das landesweite Ausstellungsprojekt offenbart eine Vielzahl an klugen Verknüpfungen, Gedanken und Denkanstößen. Am Ende kommt tatsächlich das von den Machern Motz und Sorg intendierte Gefühl auf: Welch Glück kann doch die Provinz verheißen.