Thüringer Allgemeine (Gotha)

Das perfekte Drehbuch

Triple-Gewinn der Bayern liefert mit Trainer Flick und Säule Müller besondere Geschichte­n

- Von Maik Rosner

Lissabon/München. Die Frage, welches Bild denn nun das eindrückli­chste gewesen sei, ließ sich hinterher kaum beantworte­n. Eine wahre Bilderflut war es ja gewesen, die am Sonntagabe­nd aus dem Estádio da Luz in Lissabon um die Welt ging. Aus jenem Stadion des Lichts, das nun wie Wembley beim FC Bayern immer in besonderer Erinnerung bleiben wird. 2013 hatten die Münchner in London unter Trainer Jupp Heynckes ihr erstes Triple auf den Weg gebracht, durch Arjen Robbens entscheide­ndes 2:1 gegen Borussia Dortmund und den damaligen BVB-Trainer Jürgen Klopp.

Nun gelang den Bayern im zweiten Endspiel der Champions League unter Beteiligun­g zweier deutscher Trainer der zweite Dreifach-Triumph ihrer 120-jährigen Geschichte. Und nicht nur Chefcoach Hansi Flick lieferte nach dem 1:0 (0:0) gegen Thomas Tuchels Paris Saint-Germain Bilder für die Ewigkeit, sondern beispielsw­eise auch Flicks Co-Trainer Hermann Gerland, wenn auch eher unfreiwill­ig. Thiago, der aller Voraussich­t nach letztmals für den FC Bayern gespielt hatte und sich wohl zu Klopps aktuellem Arbeitgebe­r FC Liverpool verabschie­den wird, drückte dem „Tiger“Gerland einen innigen Kuss auf den Hals. Zu sehen war auch, wie Joshua Kimmich und Serge Gnabry, Jugendfreu­nde seit ihrer Zeit beim VfB Stuttgart und Teil der Jahrgänge 1995/96, die beim FC Bayern und in der deutschen Nationalma­nnschaft eine Ära prägen sollen, eng nebeneinan­der auf dem Rasen lagen und glückselig in den Nachthimme­l blickten.

Und dann war da noch das Bild, wie Flick Kingsley Coman herzte und ihn zu dessen Tor zum Triple beglückwün­schte. Vereint waren dabei zwei Hauptdarst­eller des Finals, in dem eine unglaublic­he Geschichte mit einer kitschigen Pointe versehen wurde. Von Flick, 55, nach der 1:5-Niederlage in Frankfurt im November von Niko Kovacs Assistente­n zum Cheftraine­r befördert, hatte zu Saisonbegi­nn niemand gedacht, dass er die Münchner zum Triple anleiten würde. Es folgten 33 Siege in 36 Pflichtspi­elen unter seiner Regie, die letzten 30 ohne Niederlage und mit nur einem Remis. Und von Coman, 24, genannt King und überrasche­nd für Ivan Perisic in der erstmals nach drei Spielen veränderte­n Startelf, hatte vorm Finale kaum jemand erwartet, dass er dem Kitsch die Krone aufsetzen könnte. Nun traf er nach Kimmichs Flanke mit dem Kopf (59.) gegen jenen Gegner aus seiner Geburtssta­dt Paris, bei dem er ausgebilde­t wurde, ehe er nach seinen ersten Profispiel­en für PSG über Juventus Turin 2015 nach München kam. „Ich bin sehr glücklich, ein unglaublic­her Abend“, sagte der Franzose, es sei „der schönste Tag meines Lebens, was den Fußball angeht“.

In den 90er-Jahren, als es beim FC Bayern zuweilen drunter unter drüber ging, wurde der Verein FC Hollywood genannt. Nun lieferten die Münchner das perfekte Drehbuch einer außergewöh­nlichen CoronaSais­on und einen positiv konnotiert­en Nachweis dafür, dass ihr früherer Beiname noch immer passend ist. „Es fühlt sich unglaublic­h an. Wir haben eine Reise hinter uns“, sagte Thomas Müller, „der Haufen ist Wahnsinn von A bis Z. Wir kamen von relativ weit unten im Herbst.“Als er darüber sprach, wurde ihm „ein bisschen schummrig“.

Und als er sich gefangen hatte, erzählte er noch von vorm Finale bestaunten Videos der Triple-Helden von 2013 und der eigenen Familien. Es habe viel zusammenge­passt, „aber jetzt wird’s ein bisschen schnulzig“, sagte Müller. Eine ganz besondere Geschichte war es auch für ihn, nachdem ihn Kovac aussortier­t hatte, ehe Flick ihn wieder zur Säule des Teams aufbaute.

 ?? FOTO: MIGUEL A. LOPES / AFP ?? Bayern-Trainer Hans-Dieter Flick wird von seinen Spielern nach dem Champions-League-Triumph gebührend gefeiert.
FOTO: MIGUEL A. LOPES / AFP Bayern-Trainer Hans-Dieter Flick wird von seinen Spielern nach dem Champions-League-Triumph gebührend gefeiert.
 ?? FOTO: PETER KNEFFEL / DPA ?? Ankunft auf dem Münchner Flughafen: Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (rechts) begrüßt die Mannschaft per Ellenbogen.
FOTO: PETER KNEFFEL / DPA Ankunft auf dem Münchner Flughafen: Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (rechts) begrüßt die Mannschaft per Ellenbogen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany