Die unwahrscheinliche Karriere
Eine Biographie erkundet in Buchform das Leben von Ringo Starr – vor allem nach dem Ende der Beatles
Als Reibungsfläche im sprichwörtlichen Sinn eignet sich Ringo Starr seit Jahren nicht. Weder musikalisch, noch als Promi. Bei Auftritten und Interviews gibt er den netten Onkel, Peace and Love (Frieden und Liebe) ist seine Botschaft, seine Alben der vergangenen Jahre sind musikhistorisch kaum von Belang.
Eigentlich kein Ansatz für eine lesenswerte Lebensschau. Doch die Vita und der künstlerische Ertrag des Ex-Beatles waren nicht immer so stromlinienförmig. Der Journalist Nicola Bardola versucht mit seiner Biographie „Ringo Starr“ebendies aufzuzeigen und ein kleines Phänomen zu erkunden. Denn bis auf die Anthology-Veröffentlichung der Rest-Beatles in den neunziger Jahren gibt es kaum ausführliche Selbstauskünfte des heute 80jährigen wohl berühmtesten Schlagzeugers der Welt.
Der Autor vermeidet den Kardinalfehler vieler Biographien: Er wählt keine chronologische Erzählweise. Sein Fokus liegt überraschend und erfrischend nicht auf den Fab-FourJahren, sondern auf der Zeit ab 1970.
Er beginnt mit der wenig dokumentierten Periode nach den Beatles und somit der dramaturgisch interessanteren. Ringo war als WenigSongschreiber von den vier Musikern scheinbar am wenigsten prädestiniert für eine Solo-Karriere, legte aber nach dem Schock vom Ende der Gruppe den erfolgreichsten Start hin. Seine Solo-Alben verkauften sich wie geschnitten Brot, er arbeitete erfolgreich als Schauspieler, gehörte zum Jetset, lebte ein Leben als Playboy, war ein Darling der Medien und gefragter Musiker. Dann der Absturz: Alkoholsucht, Casino-Nächte, Erfolglosigkeit.
Die Wende gelang mit dem Entsagen des Alkohols, der musikalischen Neuerfindung mit der AllStarr-Band und als Friedensbotschafter, der quasi das Erbe John Lennons verwaltet. Am Ende ist es eine Geschichte vom Saulus zum Paulus. Bardola schont sein Sujet nicht, spricht offen über Suchtprobleme, die stimmlichen und kompositorischen Unzulänglichkeiten Starrs, der eigentlich Richard Starkey heißt. Er schreibt aber auch immer aus der Sicht eines Fans und macht daraus ehrlicherweise keinen Hehl. Wer das berücksichtigt und über einige inhaltliche Wiederholungen hinweg sehen kann, den erwartet eine gelungene Einordnung der Lebensleistung des Jungen aus Liverpool, der mehr ist als der lustige (Ex-)Beatle mit der markanten Nase.