Mitreißendes Musikantentum aus Böhmen
Das Prager Ensemble Collegium Marianum beschließt den „Güldenen Herbst“in der Gothaer Schlosskirche
Gotha. Das Festival Alter Musik Thüringen „Güldener Herbst“, veranstaltet von der Academia Musicalis Thuringiae e.V., hatte in diesem Jahr ein Wochenende lang den Schwerpunkt seiner Aufführungen in Gotha.
Nach Kantaten in Weimar, dem offiziellen Eröffnungskonzert und einem größer angelegten Kantatenabend unter der Leitung von Jens Goldhardt in Gotha sowie kleineren Programmformaten in Gotha und Wandersleben gab es zum Abschluss am Sonntagnachmittag ein Konzert in der Gothaer Schlosskirche mit der Sopranistin Lore Binon und dem Collegium Marianum Prag unter der Leitung der Flötistin Jana Semerádová.
Wiederaufleben der historischen Beziehung zu Böhmen
Als „Corona-Wunder“bezeichnete es Festivalleiter Gerd Amelung in seiner Begrüßung, dass die 18 Musiker aus Tschechien erst kurz vor ihrem Auftritt erfahren hatten, dass sie nach Thüringen einreisen durften. Und Oberbürgermeister Knut Kreuch (SPD) ließ es sich nicht nehmen, die Zuhörer auf die verdienstvolle Tätigkeit Georg Anton Bendas gerade hier in der Schlosskirche hinzuweisen und anzudeuten, dass der „Güldene Herbst“in zwei Jahren erneut in Gotha zu Gast sein könnte.
In diesem Konzert unter dem Motto „Liaison amoureuse: Gotha – Böhmen“ging es um musikalische Verbindungen zwischen Thüringen und Gotha einerseits, und Böhmen andererseits. Damit sollten, wie das informativ gestaltete Programmheft darlegte, sowohl „Liebesbeziehungen besungen werden als auch historische Beziehungen zwischen Gotha und Böhmen“wiederaufleben.
Es begann mit einer mehrteiligen, kräftig einsetzenden „Ouvertüre DDur“von Johann Friedrich Fasch (1688-1758). Flöten und Oboen sowie das Continuo aus Cello, Fagott und Cembalo wechselten sich mit den Streichern ab. Ihr exaktes Zusammenspiel in hinreißend leidenschaftlicher Musikalität, dem Ausdruck eines unbändigen Musikantentums, begeisterte das Publikum rundum.
Die Sinfonia „Alla Polacca“aus dem Singspiel „Der Jahrmarkt“von Georg Anton Benda (1722-1795) kam sehr tänzerisch und teilweise mit wirbelnden Passagen herüber.
Klar, einfühlsam und dabei kräftig in der Höhe interpretierte anschließend Lore Binon von der Empore aus die Kantate „Cephalus und Aurora“. In den Rezitativen und Arien ließ sie ihre angenehme Stimme aufblühen oder nahm sie dezent zurück, ein großartiges Klangbild, das sie zeichnete.
Gleiches war in der abschließenden Kantate „Amynts Klagen über die Flucht der Lalage“von Benda zu erleben, in der die Sängerin mit ihrer leichten, strahlenden Höhe und liebreizendem Ausdruck glänzen konnte. Dafür erhielten sie und das Ensemble minutenlangen, stürmischen Beifall mit Bravo-Rufen. Den gleichen Effekt erzielte dazwischen Jana Semerádová als Solistin in dem „Concerto in e-Moll“des ältesten Benda-Bruders Franz (17091786).
Ein feuriges Allegro, ein ruhig zelebriertes Adagio und ein vorantreibendes Presto mit virtuosen Läufen des Soloinstruments sahen die Flötistin stets auch mimisch mit ihren musizierenden Kollegen kommunizieren.
Als Zugabe brachten Lore Binon mit blitzsauberen Koloraturen und das engagiert aufspielende Collegium Marianum das „Alleluja“aus der Motette „Exsultate, jubilate“von Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791), noch einmal mit Bravo-Stürmen und jubelndem Beifall bedacht.