Thüringer Allgemeine (Gotha)

Bewährungs­strafe für Missbrauch des eigenen Kindes

Mutter verging sich an ihrem wenige Monate alten Sohn. Verfahren gegen zweiten Angeklagte­n könnte noch Monate dauern

- Von Fabian Klaus

Gera. Die Tat wiegt schwer. Nadine M. wird des schweren sexuellen Missbrauch­s von Kindern, des sexuellen Missbrauch­s von Schutzbefo­hlenen und der Verbreitun­g kinderporn­ografische­r Schriften für schuldig erklärt – das Urteil: 15 Monate Freiheitss­trafe, die zur Bewährung ausgesetzt werden.

Das ist das Ergebnis eines turbulente­n Prozesstag­es am Landgerich­t Gera vor der 9. Strafkamme­r. Der beginnt mit zwei Angeklagte­n. Daniel P. wird beschuldig­t, sowohl Nadine M. als auch Jenny O. zum Missbrauch weniger Monate alter Babys angestifte­t zu haben. Ein Fall wurde bereits im vergangene­n Jahr verhandelt, allerdings hob der Bundesgeri­chtshof den Schuldspru­ch mit Blick auf P. auf. Das Urteil gegen O. hatte Bestand. Jetzt steht P. wegen des zweiten Falles erneut vor Gericht. In den ersten beiden Verhandlun­gstagen machte er widersprüc­hliches Aussagen. Erst gestand er, dann widerrief er.

Anders bei Nadine M. Die räumte zu Beginn der Hauptverha­ndlung ein, ihren damals wenige Monate alten Sohn missbrauch­t zu haben. P. habe sie dazu überredet. M. versprach sich eine Beziehung mit dem heute 32-Jährigen, wenn sie tat, was er verlangte. Das war 2015. Die Tat flog auf bei den Ermittlung­en zum im vergangene­n Jahr verhandelt­en Fall. Die Taten fanden 2016 statt.

Der Verhandlun­gstag bot indes gleich mehrere Überraschu­ngen. Zunächst musste Staatsanwä­ltin Dagmar Weber in den Zeugenstan­d, weil sie bereits beim Verfahren im vergangene­n Jahr die Anklage vertreten hatte. Unter Bezugnahme auf eine Rechtsprec­hung des Bundesgeri­chtshofes eröffnete ihr Richter Harald Tscherner nach der Vernehmung, dass sie nun nicht mehr am Prozess teilnehmen könne. Nach einer längeren Verhandlun­gspause war Weber dennoch da und erklärte, dass es nicht Aufgabe des Gerichts sei, über die Besetzung der Staatsanwa­ltschaft zu entscheide­n. Ob sich daraus für den Angeklagte­n P., um dessen erstinstan­zliches Urteil es in der Vernehmung ging, ein erneuter Revisionsg­rund ergeben könnte, ist derzeit unklar.

Aber auch zwischen Udo Freier, dem Verteidige­r von Nadine M., und dem vorsitzend­en Richter entspann sich ein Wortgefech­t um die Frage, ob M. einer Begutachtu­ng zu unterziehe­n sei, um ihre Schuldfähi­gkeit festzustel­len.

Während Tscherner nicht den Eindruck erweckte, dem Antrag des Anwalts folgen zu wollen, war der mit seinem Tablet-PC befasst. Auf die Frage des Richters, ob er HomeOffice betreibe, erklärte Freier wiederum, dass er recherchie­re „zu dem, was Sie hier veranstalt­en“. Nach einer kurzen Prozesspau­se hatten sich die Gemüter beruhigt. Das Gericht beschloss, die Verfahren

von P. und M. zu trennen. Der Grund: Bei P. wurde nach einer erneuten Durchsuchu­ng in seiner Wohnung eine umfangreic­here Beweisaufn­ahme notwendig und er soll überdies begutachte­t werden. Die Verhandlun­g könnte sich so noch Wochen hinziehen.

Staatsanwä­ltin Weber beantragte für Nadine M. für die ihr vorgeworfe­ne Tat zum Nachteil ihres kleinen Jungen zwei Jahre Freiheitss­trafe zur Bewährung. Die Verteidigu­ng stellte keinen Antrag. Das Gericht schloss den Teil des Prozesses mit 15 Monaten Freiheitss­trafe. Die Kammer erkannte an, dass Nadine M. von P. manipulier­t worden sei.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig.

 ?? FOTO: F. KLAUS ?? Daniel P. wird in den Saal im Landgerich­t Gera geführt.
FOTO: F. KLAUS Daniel P. wird in den Saal im Landgerich­t Gera geführt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany