Thüringer Allgemeine (Gotha)

„Gegengewic­ht zu den Abstandsge­boten“

Musikfesti­val „Clarinet & Friends“findet ab morgen zum sechsten Mal in Mühlhausen statt

- Von Michael Helbing Eröffnungs­konzert „Klezmer im Elfenpalas­t“: 8. Oktober, 20 Uhr, Kulturstät­te Schwanente­ich. Karten gibt es unter 03601 / 40 47 70. Workshop-Anmeldung unter info@clarinet-and-friends.de

Mühlhausen. Das Faltblatt fürs Programm von „Clarinet & Friends“war schon mal fertig. Die sechste Ausgabe dieses „Festivals im Dialog“, so der Untertitel, hätte im Juni stattfinde­n sollen. Doch dann ging erst einmal gar nichts mehr.

Die Pandemiela­ge ließ zunächst nicht viel mehr zu als ein ins Internet live übertragen­es Konzert aus der Rathaushal­le; schließlic­h konnte der Klarinetti­st und Festivalle­iter Helmut Eisel aus Saarbrücke­n dieses Hors-d’oeuvre dann aber doch auch für immerhin zweimal 32 Zuhörern vor Ort anbieten. Zusammen mit Pianist Sebastian Voltz spielte er „Grooving Klezmer“.

Das sollte Appetit machen, in der Gewissheit, dass da noch was kommen würde. Für die Stadt Mühlhausen als Veranstalt­erin wäre eine komplette Absage des Festivals für 2020 „sicher die Lösung“gewesen, „die am wenigsten Arbeit verursacht hätte“, schreibt Eisel jetzt seinem Publikum. Umso dankbarer zeigt er sich, dass dergleiche­n „niemals zur Debatte stand.“Ende April entschied man nur, das Programm in den Oktober zu verschiebe­n.

In dieser Woche ist es nun soweit.

„Clarinet & Friends“treffen sich ab Donnerstag bei insgesamt vier Konzerten, in ebenso vielen Workshops und in einem Rahmenprog­ramm, das unter anderem ein offenes Singen auf dem Obermarkt, Führungen, eine musikalisc­he Fahrt in der Gecko-Bimmelbahn durch die Altstadt und eine Andacht umfasst.

Ein wichtiger Punkt im Jahresprog­ramm von Mühlhausen

„Es ist gut, wieder anfangen zu können“, sagt die in Weimar lebende Musikdrama­turgin Kerstin Klaholz, die das Festival mit Eisel gleichsam „im Zwei-Personen-Betrieb“organisier­t. Sie habe das Gefühl, dass es der Stadt inzwischen ein wichtiger Punkt im Jahresprog­ramm geworden ist. Auch private Geldgeber bleiben bei der Stange.

Im Moment geht es wohl vor allem darum, mit der Musik „eine positive Stimmung nach außen zu tragen“, glaubt Klaholz. Und Eisel begreift sie gar als „Gegengewic­ht zu den Abstandsge­boten. Denn mit Musik können wir aus jeder Entfernung sagen: Ich schätze dich und ich bin froh, dass du da bist.“

Kommunikat­ion ist ohnehin das Kernthema des Festivals: die zwischen Musikern auf der Bühne und die mit dem Publikum. Das Programm setzt auf stilistisc­he Vielfalt nicht nur in der Gesamtscha­u, sondern in jedem einzelnen Konzert. Helmut Eisel selbst steht ja schon dafür, Klezmer, Klassik und Jazz zu verbinden. Er trifft im Eröffnungs­konzert „Klezmer im Elfenpalas­t“am Donnerstag auf die Harfenisti­n Birke Falkenroth aus Karlsruhe.

Im Juni hätten tags darauf die Schlagwerk­er der Weimarer Staatskape­lle einen „Anschlag“verübt, mit einem Konzert ihrer Kammermusi­kreihe für Zeitgenöss­isches. Jetzt aber sind sie nicht verfügbar und werden deshalb am Freitag durch das Kozmar Orkestar aus Bielefeld, Hannover, Köln vertreten. Das sechsköpfi­ge Ensemble mischt im „Gra-Spiel“Klezmer-, Balkan- und Roma-Klänge.

Mit dem Trio „Wildes Holz“(Blockflöte, Gitarre, Kontrabass) aus dem Ruhrgebiet kehrt am Samstag (20 Uhr) erstmals ein Ensemble zum Mühlhäuser Festival zurück. Im neuen Programm „Höhen und Tiefen“sind die Wege vom Klassische­n zur Popmusik kurz und die Blockflöte ersetzt „problemlos sowohl eine E-Gitarre als auch eine Rock-Röhre.“Ein zeitweise für 17.30 Uhr geplantes Zusatzkonz­ert sagte die Stadt indes jetzt „aus organisato­rischen Gründen“ab.

Im Finale „Get together, play together“treffen am Sonntag Helmut Eisel, Workshopte­ilnehmer und regionale Formatione­n aufeinande­r.

Das alles ereignet sich, anders als üblich und auch im aktuellen Programm noch ausgewiese­n, nicht an verschiede­nen Orten. Weil unter derzeitige­n Bedingunge­n zum Beispiel nur 34 Zuhörer im Rathaussaa­l oder 64 in der Kornmarktk­irche zulässig wären, öffnet die Stadt dem Festival die „Kulturstät­te Schwanente­ich“für alle Konzerte und Workshops. Hier ist angesichts von Abstandsre­geln noch für 100 Menschen im Publikum Platz.

Zu Brücken zwischen Konzertpub­likum und Bühnenküns­tlern erklärt das Festival die zweistündi­gen Workshops. Die Gastkünstl­er geben sie für Profis und Amateure ebenso wie für alle Instrument­e, die dann am Abend für ein, zwei Stücke Teil des Konzertes werden. Drei Plätze dafür sind noch zu haben.

 ?? FOTO: MAIK SCHUCK ?? Der Klarinetti­st und Komponist Helmut Eisel ist seit 2015 künstleris­cher Leiter des Festivals „Clarinet & Friends“in Mühlhausen.
FOTO: MAIK SCHUCK Der Klarinetti­st und Komponist Helmut Eisel ist seit 2015 künstleris­cher Leiter des Festivals „Clarinet & Friends“in Mühlhausen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany