Feuersbrunst am Mühlhäuser Bahnhof und ein Pferd, das aus dem Zug springt Gastbeitrag
Geschichten aus den Anfangsjahren der Bahnstrecke Gotha-Leinefelde. Sie ist 150 Jahre alt
Landkreis. In diesem Jahr begeht die Bahnstrecke von Gotha nach Leinefelde ihr 150-jähriges Jubiläum. Im Auftrag der Thüringer Eisenbahngesellschaft ist am 17. März 1867 Baubeginn der gut 67 Kilometer langen Strecke. Eröffnet wird der Abschnitt Gotha-Mühlhausen am 11. April 1870, der Abschnitt Mühlhausen-Leinefelde am 3. Oktober des selben Jahres.
Im April 1882 wird die Strecke von der Preußische Staatsbahn übernommen. Viele kleine, teils amüsante, teils tragische Geschichten können aus den ersten Betriebsjahren erzählt werden.
Die „Moldau“ist die erste Lokomotive die am 24. August 1870 von Leinefelde kommend Mühlhausen erreicht. „Die Strecke fuhr sich ausgezeichnet und die Brücken über die Unstrut hielten sehr gut“, wusste der Mühlhäuser Anzeiger damals zu berichten. Die Griechische Königin passiert in Begleitung der Großherzogin von Oldenburg, am 17. September 1872, im eigenen Salonwagen von Leinefelde kommend, Mühlhausen.
Kaiserlicher Besuch: Seine Majestät muss Fußmarsch einlegen
Im März 1881 prallen zwischen Langensalza und Eckardtsleben zwei Züge zusammen. Zwei Lokomotiven, ein Postwagen und ein Personenwagen werden zertrümmert. Zwei Tote, mehrere Schwerund Leichtverletzte sind zu beklagen. Oberingenieur und Bahnhofsinspektor der Station Ballstädt werden vom Dienst suspendiert.
Im August 1885 vergessen Arbeiter, zwischen den Viadukten bei Reiser eine im Gleis liegende Drehscheibe zu entfernen. Der Personenzug von Dachrieden erfasst diese und schleift sie mit. Der Zug kommt erst kurz vor dem Viadukt zum Halten. Nur mit viel Mühe gelingt es Lokpersonal und Reisenden, die Trümmer unter der Lok zu entfernen.
Eine riesige Rauchwolke kündet am 23. Mai 1890 von einer Feuersbrunst auf dem Bahnhof Mühlhausen. Etwa 300 Tonnen Kohlen der Riebeckschen Montan-Werke sind durch Selbstentzündung in Brand geraten. Die Kohlen und der Schuppen werden ein Raub der Flammen.
Am 18. September 1891 erwartet Mühlhausen kaiserlichen Besuch. Bei Ankunft Kaiser Wilhelms II. kommt es zu einer peinlichen Panne. Der Salonwagen seiner Majestät kommt noch vor dem kaiserlichen Wartezimmer zum Halten.
Alle Bemühungen, den Zug um einige Meter vor zu fahren, scheitern. Der Zug lässt sich nicht mehr bewegen. Der Kaiser muss an einer anderen Stelle aussteigen. Nachforschungen ergeben später, dass die Karpenterbremse zu fest angezogen war. Bei der Abreise am 21. September übergibt der Kaiser dem Oberbürgermeister der Stadt Mühlhausen eine Fotografie im bronzenen Rahmen mit eigenhändiger Unterschrift, der Gemahlin des Stadtoberhauptes einen kostbaren Armreif, und den Armen der Stadt wurde eine Gabe von 1000 Mark überwiesen.
Im Juli 1897 trifft aus Stuttgart ein 580 Zentner schwerer Dampfkessel für die Bergbrauerei am Bahnhof ein.
Das Umladen auf die von der Lieferfirma gesandten Transportwagen dauert zwei Tage. Für den Transport zur Brauerei werden 16 Pferde benötigt, um das Ungetüm zur Brauerei zu bringen.
Im November 1893 werden für die Bedienung der Schranken „Frauen unbescholtenen Rufes und guter Gesundheit“gesucht. Sie sollen sich unter Angabe ihrer Lohnansprüche bei den Herren Bahnmeistern melden. An zwei Tagen im Monat werde für den Kirchenbesuch Vertretung gestellt.
Zwei Straßenbahnwagen aus der Waggonfabrik Gotha treffen am 7. Dezember 1898 am Güterbahnhof ein. An den Wagen sind auf dunkelpoliertem Grund das Stadtwappen und die Aufschrift „BahnhofBlobach-Weißes Haus“angebracht.
Ein kurioser Unfall ereignet sich im Mai 1892. Zwischen Silberhausen und Dachrieden springt ein
Pferd aus einem offenen Waggon eines Güterzuges, reißt dabei den Knecht mit, der sich schwer verletzt. Das Pferd ist sofort tot.
Tonnenschwere Brücke wird in Rekordzeit erneuert
Im August 1912 wird die Brücke über den Mühlgraben in einer Rekordzeit von zwei Stunden ausgewechselt.
Nach Passieren des Zuges um 4.43 Uhr wird die alte Brücke ausgeschraubt, auf Rollen gesetzt, von einer Rangierlok abgezogen. Die neue, neben dem Gleis vorgefertigte 550 Tonnen schwere Brücke wird in die Lage der alten Brücke gebracht und eingelassen, sodass um 6.55 Uhr der nächste Zug die Brücke befahren kann.
1912 werden die Beschäftigten der Bahn verpflichtet, ihren Vorgesetzten zu gehorchen. Sie haben sich von allen sozialdemokratischen Versammlungen fernzuhalten, dürfen dem Transportarbeiterverband nicht angehören, ansonsten droht die Kündigung.
Ein tragischer Unfall ereignet sich am 6. Oktober 1921 in Bufleben. Infolge eines Kupplungsbruchs kommt es zu einer Zugtrennung, und acht Güterwagen rollen in Richtung Ballstädt. Der abgetrennte Zugteil prallt mit dem entgegenkommenden Güterzug zusammen. Ein Tankwagen und zwei weitere gehen in Flammen auf. Die Lokomotive wird stark beschädigt. Zwei Waggons stürzen eine Böschung hinab.
Der Bremser des abgetrennten Zugteils findet in den Flammen den Tod. Die Lokbesatzung und der Zugführer können sich durch Abspringen retten. Die Schwellen verbrennen auf drei Gleislängen.