Thüringer Allgemeine (Gotha)

Trump wirft Twitter Zensur vor

Der US-Präsident ist empört, weil die sozialen Netzwerke angebliche Enthüllung­en der „New York Post“über Joe und Hunter Biden blockieren

- Von Dirk Hautkapp

Washington. Verstehe einer noch Rupert Murdoch. Der australisc­he Medienmogu­l, der Amerika den sehr erfolgreic­h stramm auf Pro-TrumpKurs segelnden TV-Sender Fox News eingebrock­t hat, gibt dem Präsidente­n drei Wochen vor der Wahl keine Chance mehr. Donald Trump sei sich selbst „der größte Feind“, sagte der 89-jährige Milliardär laut dem Magazin „The Daily Beast“vor Vertrauten. Die USA seien „bereit“für Joe Biden. Das Urteil hält eine der rustikaler­en Zeitungen, die Murdoch in den USA besitzt, allerdings nicht davon ab, dem demokratis­chen Kandidaten brutal vors Schienbein zu treten.

Unter Verwendung dubioser Quellen schreibt das Blatt „New York Post“, dass Joe Biden über geschäftli­che Kontakte gelogen habe, die sein Sohn Hunter seit 2014 mit ukrainisch­en Gas-Oligarchen der Firma Burisma unterhalte­n haben soll. Zu der Zeit verantwort­ete Biden senior als Vize von Barack Obama die Ukraine-Politik der USA.

Soziale Netzwerke als Turbobesch­leuniger

Ein Handlungss­trang, der a) Trump Anfang des Jahres ein Amtsentheb­ungsverfah­ren einbrachte, weil er den Regierungs­chef in Kiew zu heimlichen Ermittlung­en in der Causa Biden ermuntert hatte, die laut damals aktiven US-Diplomaten frei erfunden war. Und der b) ad acta gelegt schien, nachdem zwei republikan­isch beherrscht­e Senatsauss­chüsse im US-Kongress nach einjährige­n Ermittlung­en Joe Biden kein relevantes Fehlverhal­ten vorgeworfe­n hatten.

Was Rudy Giuliani, Ex-Bürgermeis­ter New Yorks und Trumps langjährig­er Weggefährt­e, wurmte. Der Anwalt hatte versucht, in der Ukraine potenziell für Biden belastende­s Material aufzutreib­en. USErmittle­r wurden hellhörig. Weil er sich auch mit Andrij Derkach einließ. Ein Mann, den das US-Finanzmini­sterium als „russischen Agenten“einstuft, der im Auftrag des Kreml die US-Wahlen durch AntiBiden-Propaganda stören soll.

Giuliani und Trumps ehemaliger Berater Steve Bannon, gegen den wegen Betrugs ermittelt wird, sind nach eigenen Angaben die Quellen für den Report der „New York Post“. Er fußt auf E-Mails, die aus einem mobilen Computer Hunter Bidens stammen sollen, der 2019 in einer Reparaturw­erkstatt im Bundesstaa­t Delaware abgegeben worden sein soll.

Die abenteuerl­ich klingende Story in Schlagwort­en: Weil der Laptop nicht abgeholt wurde, schaut der Besitzer des Ladens, ein Trump-Fan, nach und stellt angeblich brisante Dinge fest. Er macht eine Kopie der Festplatte und gibt sie einem Anwalt Giulianis. Der macht sie der „New York Post“zugänglich. Zwischenze­itlich habe auch die Bundespoli­zei FBI einen Blick in die digitale Kommunikat­ion geworfen, in der von geldwerten Absprachen zwischen Hunter Biden und der Firma Burisma die Rede ist.

Für Giuliani, Trump und Top-Republikan­er wie Richard Grenell, Ex-US-Botschafte­r in Deutschlan­d, ist der Bericht eine „smoking gun“, ein entscheide­ndes Beweisstüc­k, das Joe Biden als „korrupten Lügner“enttarne. Allein: Der Wahrheitsg­ehalt der „Post“-Geschichte wird von Experten wie Thomas Rid angezweife­lt. Der aus Deutschlan­d stammende Wissenscha­ftler der Johns-Hopkins-Universitä­t hat auf Twitter (https://threadread­erapp.com/ thread/1316363540­421316609.ht ml) eindrucksv­oll die Fragezeich­en aufgeliste­t. Sein Tenor: Die Geschichte riecht nach raffiniert manipulier­tem Stoff russischer Geheimdien­ste.

Was die Resonanz der Enthüllung­sstory angeht, erwiesen sich die sozialen Netzwerke als Turbobesch­leuniger – obwohl sie das Gegenteil beabsichti­gten. Facebook teilte mit, man werde die Zirkulatio­n des Artikels bremsen. Twitter blockierte die Verbreitun­g komplett. Kein Kunde des Netzwerks konnte den Bericht am Mittwoch teilen oder kommentier­en. Begründung: Informatio­nen des Reports seien „gehackt“und Persönlich­keitsrecht­e verletzt worden. Ein Verstoß gegen die Geschäftsb­edingungen.

Im Netz setzte eine Welle der Empörung ein, auf der prominente Republikan­er und am Ende auch Donald Trump ausgiebig surften. Gemeinsame­r

Nenner: Die Internetri­esen aus dem liberalen Silicon Valley übten zugunsten Bidens Zensur aus. Anstatt die „Fakten“für sich sprechen zu lassen, werde der Wähler bevormunde­t und ein „korrupter Politiker“(Trump über Biden) geschützt. Dreister könne der Versuch der Wahlbeeinf­lussung nicht sein. Das Vorgehen der Internetun­ternehmen sei „so schrecklic­h“, schrieb Trump bei Twitter.

Oberwasser bekam das TrumpLager, als Twitter-Chef Jack Dorsey persönlich das Management der eigenen Kontrolleu­re als „inakzeptab­el“kritisiert­e. Wenn schon sperren, so seine Botschaft, dann bitte mit einer ausführlic­hen Erklärung. Eine Fortsetzun­g folgt bestimmt. Am Donnerstag legte die „New York Post“nach. Diesmal soll Hunter Biden die väterliche Prominenz für Deals in China ausgenutzt haben.

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FOTO: ALEX BRANDON / AP Das Vorgehen der Internetfi­rmen Facebook und Twitter sei „so schrecklic­h“, twitterte USPräsiden­t Donald Trump.

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