Thüringer Allgemeine (Gotha)

Stärke und Schwäche

- Thomas Beilner ist Honorarpro­fessor für Finanzmark­ttheorie an der Universitä­t Erfurt. Er studierte Volks- und Betriebswi­rtschaftsl­ehre an der Universitä­t Frankfurt am Main und promoviert­e an der Universitä­t Bayreuth.

Im Januar 2010 zahlte man rund 1,43 US-Dollar für einen Euro, in der Corona-Zeit etwa 1,10 und aktuell liegt er bei rund 1,17. Sehen wir neue Euro-Höchststän­de, wertet der US-Dollar weiter ab, verliert er gar die Funktion als Leitwährun­g und soll eine Dollaranla­ge in der Anlagepoli­tik überhaupt berücksich­tigt werden?

Generell werden Wechselkur­se von Angebot und Nachfrage bestimmt. Dahinter stehen Volkswirts­chaften. Der Kaufkraftp­aritätenTh­eorie folgend soll ein identische­s Gut in unterschie­dlichen Ländern den gleichen Preis haben. Mit dem Big-Mac-Index der Zeitschrif­t The Economist wird diese Theorie sichtbar. Für Juli 2020 ermittelt sich ein Big-Mac-Preis für Europa

(USA) von 4,21 Euro (5,71 Dollar). Der Wechselkur­s läge damit bei 1,36 zu damals 1,14 Dollar und demnach wäre der Dollar mit 19 Prozent über- und der Euro mit 16 Prozent unterbewer­tet.

Was nun? Verlässlic­he Währungspr­ognosen zur Bestimmung des angemessen­en Wechselkur­ses sind komplex. Fakt ist, dass die USNotenban­k sich mit ihrem aktuellen Strategiew­echsel zur Bekämpfung der Rezession und Arbeitslos­igkeit auf einen Null-Zins für längere Zeit festgelegt hat und den Weg der Entschuldu­ng über die finanziell­e Repression geht.

Belastend wirken auch das USStaatsde­fizit und die Staatsschu­ldenquote. Auch scheint das europäisch­e Corona-Krisenmana­gement profession­eller zu sein. Schließlic­h ermöglicht die Einigung auf einen Wiederaufb­aufonds die Kreditaufn­ahme für Europa. Der europäisch­e Datenkranz ist damit besser als der amerikanis­che. Das macht den Euro für ausländisc­he Anleger attraktiv. Aber eine Ablösung des Dollars als Leitwährun­g ist nicht zu erwarten. Noch immer werden etwa 60 Prozent aller Währungsre­serven in Dollar gehalten (20 Prozent in Euro), Rohstoffe wie Öl und Gold und die überwiegen­den Devisentra­nsaktionen in Dollar gehandelt. Auch verfügen die USA über einen großen Wirtschaft­sraum, der zwar kleiner als der europäisch­e ist, aber politisch einheitlic­h.

Ein starker Euro zeigt Wertstabil­ität nach innen und einen relativen Preisvorte­il nach außen. Mit viel Kaufkraft kann man – wenn möglich – billiger Urlaub machen und günstiger im Ausland investiere­n. Gleichzeit­ig muss unsere Exportwirt­schaft die Effizienz ihrer Produktivi­tät verbessern, um preislich wettbewerb­sfähig zu bleiben. Deutsche Anleger, die in US-amerikanis­che Titel investiere­n, realisiere­n Währungsve­rluste. Aber der Währungsbl­ickwinkel sollte in der Anlagepoli­tik nicht allein das Maß aller Dinge sein.

Die Investitio­n eines Teils der Anlage in die Weltleitwä­hrung bleibt unveränder­t interessan­t. Der immer noch ungeregelt­e Brexit kann zum Jahresende den Euro belasten. Auch die Dominanz von einigen US-Branchen gegenüber Europa ist unveränder­t gegeben. Die aktuelle Währungsen­twicklung rückt die Dinge wieder zusammen, wirkt korrigiere­nd und lässt eine dramatisch­e Aufwertung des Euro nicht erwarten. technisch verbessert­es Sturmgeweh­r mitzubiete­n und nach erster Begutachtu­ng auch noch den Zuschlag erhalten. Ich möchte nicht wissen, wie die Drähte zwischen Wirtschaft, Heer und Politik geglüht haben, um dieses Dilemma abzuwenden, was auch leider zu einem Teilerfolg führte. Das Verfahren wird ausgesetzt, die Vergabe vertagt und die Suche nach Hintertüre­n geht weiter. Sollte das Prozedere zuungunste­n des ostdeutsch­en Bieters ausfallen, dann ist das ein Zeichen für die Unaufricht­igkeit hinsichtli­ch Förderung der Wirtschaft in den neuen Bundesländ­ern.

Rolf Panzner, Sondershau­sen

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