Thüringer Allgemeine (Gotha)

„Er ging sofort zu Boden“

17-Jähriger vor Gericht: Er gibt zu, vor fast einem Jahr einen Feuerwehrm­ann mitten in Augsburg totgeschla­gen zu haben. Die brutale Tat schockte die Öffentlich­keit

- Von Jonas Erlenkämpe­r

Augsburg. Der Feuerwehrm­ann und Familienva­ter kam gerade vom Weihnachts­markt. Mit seiner Frau und einem befreundet­en Ehepaar schlendert­e er am Nikolausab­end 2019 durch die Augsburger Innenstadt, als er von einer Gruppe Jugendlich­er nach einer Zigarette gefragt wurde. Es kam zum Streit auf offener Straße, einer der jungen Männer schlug zu und tötete den 49-Jährigen mit einem einzigen Faustschla­g. Die brutale Attacke in Bayerns drittgrößt­er Stadt hat vor fast einem Jahr das ganze Land geschockt. Nun steht der Totschläge­r vor Gericht. Es ist ein 17-Jähriger, der die deutsche, libanesisc­he und türkische Staatsange­hörigkeit besitzt und dem die Staatsanwa­ltschaft unter anderem Körperverl­etzung mit Todesfolge vorwirft.

Ruhig und aufgeräumt wirkt der Hauptangek­lagte vor den Richtern. Den tödlichen Schlag gibt er zu: „Unsere Stimmung war gut“, erinnert er sich an den Abend. Nur Tabak habe ihm und seinen sechs

Freunden bei ihrer feuchtfröh­lichen Innenstadt­tour gefehlt. Also hätten sie einen Passanten angesproch­en – und das Drama nahm seinen Lauf. Dem Opfer riss durch die Wucht des Hiebs eine Schlagader am Kopf, der 49-Jährige kam durch eine Hirnblutun­g innerhalb kürzester Zeit ums Leben. „Ich wollte niemals, dass so etwas passiert“, heißt es in einer Erklärung des Jugendlich­en, die er von seinen Verteidige­rn vortragen lässt.

Mit gesenktem Kopf verfolgt er die Verlesung der Anklage, hinter ihm sitzen seine Eltern. Die Fakten sind schnell geklärt an diesem ersten Prozesstag, nur die Frage nach dem Warum, sie ist schwer zu beantworte­n. Nachdem einer seiner Freunde den Feuerwehrm­ann um die Zigarette anschnorrt­e, habe dieser den jungen Mann zu Boden geschubst, erklärt der 17-Jährige. Er habe Angst um seinen Freund gehabt und sei handgreifl­ich geworden: „Ich versetzte ihm einen Faustschla­g, er ging sofort zu Boden.“

Bilder von Überwachun­gskameras zeigen zwei Männer und die Gruppe der sieben Tatverdäch­tigen. Die Ehefrauen der beiden Männer laufen voraus, das spätere Opfer und sein Bekannter passieren die Jugendlich­en zunächst. Der 49-Jährige dreht sich schließlic­h um, sagt offenbar etwas. Die jungen Männer gestikulie­ren. Da geht der Mann auf die Gruppe zu, sie umringt ihn. Plötzlich trifft ihn ein Schlag, sein Bekannter (50) eilt herbei, will helfen, wird selbst geschlagen und erheblich im Gesicht verletzt.

Der junge Mann sitzt in Untersuchu­ngshaft

Im Prozesssaa­l ist es still, während die Videos laufen. An die weiteren Ereignisse, sagt der Hauptangek­lagte, erinnere er sich nur verschwomm­en. Vor der Tat hätten sie viel Alkohol getrunken. Nach der Tat waren die Jugendlich­en geflüchtet, konnten aber aufgrund mehrerer Kameras im Augsburger Zentrum schnell ermittelt werden.

Der Anwalt des 17-Jährigen weist derweil darauf hin, dass der Angeklagte in der Untersuchu­ngshaft seine Eltern vermisse. Man dürfe nicht vergessen, dass er immer noch „ein 17-jähriger Bursche“sei. mit dpa

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FOTO: DPA Der Hauptangek­lagte (M.) ließ ein Geständnis vorlesen.

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