Denken ja – aber „nach-“
Der Thüringer Verfassungsschutz registriert eine durchaus heterogene Zusammenstellung bei den Menschen, die gegen die Coronaauflagen demonstrieren.
Gerade die Erfurter Gruppe der selbst ernannten Querdenker aber hat es an manchen Stellen in sich. Öffentlich wurde die Aufsuchung von Thüringens Ministerpräsident Ramelow (Linke) an dessen Privatadresse, wo er eine Grabkerze fand. Sofort wurde die Aktion nach altbekanntem AfD-Muster „Zwei Schritte vor, einen zurück“dann auch relativiert.
Dass überdies kommuniziert wird, dass vollkommen egal ist, welche Fahnen auf ihren Demonstrationen gezeigt werden, passt ins Bild und lädt geradezu ein, rechtsextreme Symbolik bei den Querdenkern zu nutzen.
Und über das mit massivem Polizeiaufgebot aufgelöste Vernetzungstreffen von Spiritus Rector Ballweg und dem ReichsbürgerKopf Fitzek in Ostthüringen ist ohnehin schon alles gesagt.
Nein, mit allen geltenden Auflagen konform zu gehen, das kann nicht der richtige Weg sein. Zumal dann nicht, wenn Kanzleramtsminister Braun empfiehlt, im Winter mit dem Rad zur Arbeit zu fahren – aus der warmen Dienstlimousine spricht sich das leicht. Oder Kanzlerin Merkel, die erklärt, dass gegen Frieren im Klassenzimmer ein paar Kniebeugen und das in die Hände Klatschen helfen. Wer Kritik aus der Bevölkerung derart abgehoben entgegentritt und sich über Widerstand wundert, hat den Kontakt zu seinen Wählern längst verloren.
Dennoch: Wer bei den aktuellen Fallzahlen denkt, auch quer- und am besten nach-, der marschiert nicht ohne Schutzmaßnahmen irgendwo auf. Der findet andere Möglichkeiten, seinen Protest und seinen Widerspruch auszudrücken. Sicherer, kreativer und vielleicht auch wirkungsvoller.
Denn Widerspruch bleibt wichtig, auch wenn die Lage ernst ist. Weil viele Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie sich nach wie vor widersprechen, die Gesundheit an anderer Stelle gefährden und überdies Wirtschaft und Kultur ruinieren.