Lebensläufe: Im Wolga durch Weimar
MDR porträtiert den Schauspieler Thieme
Weimar. „Nu da, choroscho. Eto Wolga!“Auch wenn er es auf die für ihn typische Weise kommentiert, Thomas Thieme staunte nicht schlecht, als der MDR eigens das kultige „Russenauto“vorfuhr, um ihn darin durch seine Heimatstadt Weimar zu kutschieren. In der Reihe „Lebensläufe“ist dem 72-jährigen Schauspieler heute Abend zu später Sendezeit ein TV-Logenplatz reserviert.
Das schwarze Schmuckstück mit den weißen Radkappen nimmt mit auf eine ziemlich schräge Tour. Nicht das Nationaltheater, in dem Thieme von 2001 bis 2005 als Faust brillierte, ist das Ziel, sondern es geht zu ihm lieb gewordenen, teils abgelegenen Erinnerungsorten. Einer der wichtigsten: der Lindenberg. Hier hat er als Kind mit seinem Vater gestanden und den Helden von Motor Weimar zugejubelt. Eigentlich ist er ja gegen jede Art von Huldigung. Doch mit ihrem Konzept, einen Steilpass von seiner Theaterpassion zum geliebten Fußball zu schlagen, hat Tatjana Kadegge das künstlerische Schwergewicht an der Angel. Die Filmemacherin nennt Thieme einen „unverstellten Menschen“, befragt ihn zu seinem Leben hinter der Theaterund Filmkulisse und lässt Weggefährten wie die Schauspielerin Iris Berben, die Fußball-Legende Günter Netzer, den Maler Harald Reiner Gratz und den Autor dieser Zeilen zu Wort kommen, der seit 20 Jahren mit ihm im öffentlichen Gespräch ist. So rundet sich das Porträt, wenngleich es sympathisch eckig bleibt.
Thieme erzählt, warum er 1984 die DDR verlassen hat und – nachdem er zwischen Hamburg, Frankfurt und Wien auf allen großen deutschsprachigen Bühnen Triumphe feierte – wieder in die Weimarer Provinz zurückgekehrt ist. Während er den roten Teppich meidet wie der Teufel das Weihwasser, scheint ihm der Wolga als rollende Zeitmaschine zu behagen.