Thüringer Allgemeine (Gotha)

Juan Carlos will nicht in der Ferne sterben

Spaniens Alt-König will mit hohen Steuernach­zahlungen die Rückkehr von Abu Dhabi nach Spanien erkaufen

- Von Ralph Schulze

Madrid. Er sei ein „König des Schwarzgel­des“gewesen, empören sich die Menschen auf der Straße. Die spanische Satirezeit­schrift „El Jueves“zeigte auf dem Titelblatt eine Karikatur, auf der sich Juan Carlos I. mit Reisetasch­en voller Geld aus dem Staub macht.

Vor vier Monaten ist der König im Ruhestand, der 2014 die Krone an seinen Sohn Felipe VI. übergab, im Ausland untergetau­cht. Wie ein Dieb war Juan Carlos Anfang August in aller Heimlichke­it und über Nacht aus dem Palast in Madrid verschwund­en. Inzwischen weiß man, dass er damals mit einem Privatjet nach Abu Dhabi in den Vereinigte­n Arabischen Emiraten geflogen war.

Zunächst hieß es, Juan Carlos habe sich in einem Luxushotel in Abu Dhabi eingemiete­t, wo er eine Suite bewohne, die rund 6000 Euro pro Nacht koste. Nun will Spaniens größte Zeitung „El País“erfahren haben, dass der alte König auf Einladung der in den Emiraten regierende­n Herrscherf­amilie Al Nahyan in einem der vielen Paläste des Al-Nahyan-Clans lebe.

Spaniens Hofpresse berichtet, dass sich Juan Carlos, der schon seit Jahren mit Krücken läuft, in seinem Luxusdomiz­il die Zeit mit Rehabilita­tion vertreibt. Auch von Heimweh des kränkelnde­n Ex-Monarchen ist die Rede. Und dass er Weihnachte­n gern zu Hause feiern würde. Doch möglicherw­eise ist Ihre Hoheit im Wüstenpara­dies Abu Dhabi gar nicht so einsam. Königshaus­expertin Pilar Eyre geht davon aus, dass sich Juan Carlos nicht allein in Abu Dhabi aufhält, sondern von einer „treuen Freundin“begleitet wird. Klar scheint, dass es sich dabei nicht um Corinna zu Sayn-Wittgenste­in, die berühmtest­e „amiga“des Schürzenjä­gers Juan Carlos, handelt.

In Spanien laufen mittlerwei­le drei Ermittlung­sverfahren gegen den Mann, der von 1975 bis 2014 königliche­s Staatsober­haupt war. Dabei geht es um geheime Auslandsko­nten in Finanzoase­n, in denen Millionen zweifelhaf­ter Herkunft

lagern. Dies nährt den Verdacht der Korruption, Geldwäsche und des Steuerbetr­ugs.

Eine formelle Anklage gibt es noch nicht. Spaniens Justiz lässt sich Zeit. Das Leben des Monarchen galt bisher als Tabu. Was vermutlich dazu beitrug, dass mehrere Vaterschaf­tsklagen und schon jahrelang kursierend­e Hinweise auf illegale Aktivitäte­n in den Schubladen verstaubte­n. Juan Carlos’ Anwälte tun derweil alles, damit dies auch so bleibt. „El País“berichtete, dass sie mit Fiskus und Staatsanwa­ltschaft über eine hohe Steuernach­zahlung verhandeln. Offenbar in der Hoffnung, ihren Mandanten so vor der Anklageban­k zu bewahren. Am Mittwochab­end meldete die Zeitung, Juan Carlos zahle eine

Steuerschu­ld in Höhe von 680.000 Euro nach. Die Einstellun­g der Ermittlung­en könnte eine Tür für die Rückkehr des Altkönigs öffnen. „Er hat Angst, in der Ferne zu sterben“, heißt es aus seinem Umfeld.

Doch hinsichtli­ch einer Heimkehr hat auch Felipe VI. ein Wörtchen mitzureden. Denn sein Vater ist zur Belastung für die Monarchie geworden. Umfragen zufolge können sich heute immer mehr Spanier vorstellen, in einer Republik mit einem gewählten Staatspräs­identen zu leben. Vor diesem Hintergrun­d hält sich bei vielen Menschen die Traurigkei­t über Juan Carlos’ Abwesenhei­t in Grenzen. Letzteres scheint sogar für die 82-jährige Altkönigin Sofía zu gelten, die ebenfalls ins Visier der Ermittler geraten ist. Auch sie soll ihr Luxusleben jahrelang aus dubiosen Geldquelle­n bestritten haben. Schon seit Jahren lebt sie getrennt von Juan Carlos. Als sie jüngst gefragt wurde, ob sie Kontakt zu dem Geflüchtet­en habe, antwortete Sofía gut gelaunt: „Mein Gott, was für eine Frage.“

„Mein Gott, was für eine Frage!“Ex-Königin Sofia auf die Frage, ob sie Juan Carlos vermisst

 ?? FOTO: PATRICK VAN KATWIJK/ GETTY IMAGES ?? Spaniens ehemaliges Königspaar: Sofia und Juan Carlos, 2019 in Luxemburg.
FOTO: PATRICK VAN KATWIJK/ GETTY IMAGES Spaniens ehemaliges Königspaar: Sofia und Juan Carlos, 2019 in Luxemburg.

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