Willkommen mit Wasserfall
Wofür das Thüringer Umweltministerium in Erfurt beinahe 100.000 Euro ausgibt
Erfurt. Die gemeine Kaurausche (Carassius carassius) ist ein scheues Wesen. Sie versteckt sich hinter Steinen und Pflanzen, derweil das Wasser zwischen pappigen Pseudofelsen künstlerisch wertvoll ins Teichlein plätschert. Drum herum stehen jede Menge eingetopfte Blattfarne, umrahmt von chlorophyllsatten Laubbäumen, allerdings leider nur in Form farbgesättigter Fototapete.
So sieht sie also aus, die Willkommenskultur im TMUEN, im Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz. Fast das gesamte Foyer des grauen Betonklotzes, das einst die Oberpostdirektion war, ist mit Farnen, Aquarium nebst Wasserfall und einem riesigen Monitor vollgeräumt, sowie einer hölzernen Sitzgruppe, die so ähnlich in der Kinderaufbewahrungseinrichtung einer schwedischen Möbelmarktkette zu sehen ist.
Die innenarchitektonische Leistung ist, wie der der Sprecher des TMUEN gerne bestätigt, ausdrücklich Geschmackssache.
Über die Sinnhaftigkeit des Arrangements jedoch lässt seine Chefin, Ministerin Anja Siegesmund von den Grünen, nicht mit sich streiten. „Die Wand- und Fenstergestaltung mit Natur-, Pflanzen- und Waldmotiven, die Sitzmöglichkeiten in der Mitte des Foyers, das Aquarium mit Wasserfall und der Informationsmonitor stellen einen Mehrwert für Besucherinnen und Besucher und Bedienstete dar“, teilte sie jüngst in einem Schreiben an die Präsidentin des Landtags mit.
Die Motive verwiesen auf die Aufgaben des Ministeriums. Zumal: „Blattfarne und der Wasserfall beeinflussen das Raumklima positiv.“
Dass das Ministerium diese interessante Information dem Hohen Haus zuleitete, liegt an der Kleinen Anfrage Nummer 1389, gestellt durch den CDU-Landtagsabgeordneten Michael Heym.
Er wollte wissen, wie viel das grüne Ganze kostete – und ob es denn stimme, dass, nachdem alles fertig gebaut und angelegt war, einige Fenster brandschutztechnisch überarbeitet werden mussten.
Die Antwort lässt sich am besten im Originalton genießen: „Folgende Kosten sind angefallen: Waldlandschaft
(inkl. Konzeption, Sitz-, Pflanzenelemente, Pflanzen, Banner, Stehpult und elektronischer Infotafel mit Flyerablage) 53.907,00 Euro; Aquarium mit Wasserfall (inkl. Konzeption Aquariumstechnik sowie Pflanzen- und Fischbesatz) 33.119,84 Euro.“
Und weiter: „Zusätzlich mussten die Fenster im EG [Erdgeschoss – die Red.] und OG [Obergeschoss] mit einer automatischen Öffnungsmöglichkeit ausgestattet werden, welche an die RWA [Rauchwärmeabzugsanlage] und die im Foyer nachgerüsteten Linienmelder angeschlossen wurde. […] Insgesamt wurden für die Maßnahmen zur Ertüchtigung der Brandschutzanlage 9.620,73 Euro investiert.“
Damit dürfte das Parlament, vertreten durch die CDU-Fraktion, alles über die Ministeriumsverschönerungsmaßnahmen erfragt haben. Frühere Investigationsanstrengungen ergaben, dass die riesige Solarzellen-Blume vor dem Ministerium mit Installation knapp 18.000 Euro kostete und die fahrrad- und bienenfreundliche Umgestaltung des Eingangsbereichs 65.000 Euro.
Ach so, die Fütterung und Pflege von Carassius carassius kostet den Freistaat 650 Euro im Jahr.