Thüringer Allgemeine (Gotha)

Als „Knight Rider“auf Patrouille

Der Jenaer Martin Knuth gewann 2020 das Stipendium „Raniser Debüt“und legt sein erstes Buch vor – mit skurrilen, spannenden Geschichte­n

- Von Ulrike Merkel Martin Knuth: Zwischenha­lt Erde. Verlag Lesezeiche­n, 124 Seiten, 10 Euro

Jena/Ranis. Ein Junge wächst an der Grenze zu Polen auf. Er wird in der Schule gemobbt und flüchtet sich in eine Fantasiewe­lt, in der er auf Patrouille geht, um Osteuropäe­r am Grenzübert­ritt zu hindern. Er glaubt, er sei „Knight Rider“, der einst von David Hasselhoff gespielte TV-Held. Eines Tages trifft der Junge an der Grenze tatsächlic­h auf einen Mann, auf einen Flüchtling aus Tschetsche­nien...

Die Geschichte „Zehnter März“ist eine von neun kurzen und längeren Erzählunge­n von Martin Knuth (36). Der Jenaer Autor ist der diesjährig­e Preisträge­r des „Raniser Debüts“. Das Stipendium des Lesezeiche­n-Vereines

ermöglicht jungen Literaten, ihr erstes Buch zu veröffentl­ichen, inklusive Lektorat und Druck.

Knuths Erzählband „Zwischenha­lt Erde“ist seit Anfang des Monats im Buchhandel erhältlich. Das Buch versammelt Geschichte­n, die zwischen Skurrilem und Unheimlich­em changieren, sehr spannend erzählt und reich an Dialogen, wie etwa die Endzeit-Erzählung „Winterferi­en“: Ein dramatisch­er Kälteeinbr­uch bringt das öffentlich­e Leben zum Erliegen. Die wenigsten sind auf eine derartige Katastroph­e vorbereite­t. Holger Brenn aber schon.

Der Frührentne­r hat über Jahre Lebensmitt­el gehortet aus Angst, das Ende der Welt sei nah. Während der Kältewelle klopft eine Mutter mit ihrem Sohn an die Tür. Sie wollen nur Wasser, bleiben dann aber über Nacht.

Über dieser Situation schwelt etwas Bedrohlich­es. Martin Knuth lässt den Leser lange im Unklaren, woher das Unheil droht, von marodieren­den Banden, vom Eigenbrötl­er, oder geht die Gefahr gar von Mutter und Sohn aus?

Der größte Teil der Geschichte­n spielt in Thüringen, andere an der deutsch-polnischen Grenze, wo Martin Knuth aufwuchs. Geboren 1984 in Görlitz, versucht er sich im Kindergart­en das Lesen selbst beizubring­en. Später wird er Dauergast in der Bibliothek. Als Jugendlich­er

beginnt er eigene Texte zu schreiben, gewinnt beim Jungen Literaturf­orum Hessen-Thüringen und 2010 beim Wettbewerb „Poet bewegt“. Das Studium führt ihn nach Jena. Inzwischen verdient er seinen Lebensunte­rhalt als Mitarbeite­r eines Jenaer Musikhause­s, wo er fürs Online-Marketing zuständig ist.

Das „Raniser Debüt“, gefördert durch die Kreisspark­asse Saale-Orla, verhilft nicht nur zur Erstveröff­entlichung. Auch Lesungen sind damit verbunden. Die mussten zwar 2020 ausfallen, sollen aber nachgeholt werden.

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FOTO: MARTIN KNUTH Martin Knuth veröffentl­ichte über das Stipendium „Raniser Debüt“sein erstes Buch. Ein Trailer dazu ist auf Youtube zu sehen.

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