Als „Knight Rider“auf Patrouille
Der Jenaer Martin Knuth gewann 2020 das Stipendium „Raniser Debüt“und legt sein erstes Buch vor – mit skurrilen, spannenden Geschichten
Jena/Ranis. Ein Junge wächst an der Grenze zu Polen auf. Er wird in der Schule gemobbt und flüchtet sich in eine Fantasiewelt, in der er auf Patrouille geht, um Osteuropäer am Grenzübertritt zu hindern. Er glaubt, er sei „Knight Rider“, der einst von David Hasselhoff gespielte TV-Held. Eines Tages trifft der Junge an der Grenze tatsächlich auf einen Mann, auf einen Flüchtling aus Tschetschenien...
Die Geschichte „Zehnter März“ist eine von neun kurzen und längeren Erzählungen von Martin Knuth (36). Der Jenaer Autor ist der diesjährige Preisträger des „Raniser Debüts“. Das Stipendium des Lesezeichen-Vereines
ermöglicht jungen Literaten, ihr erstes Buch zu veröffentlichen, inklusive Lektorat und Druck.
Knuths Erzählband „Zwischenhalt Erde“ist seit Anfang des Monats im Buchhandel erhältlich. Das Buch versammelt Geschichten, die zwischen Skurrilem und Unheimlichem changieren, sehr spannend erzählt und reich an Dialogen, wie etwa die Endzeit-Erzählung „Winterferien“: Ein dramatischer Kälteeinbruch bringt das öffentliche Leben zum Erliegen. Die wenigsten sind auf eine derartige Katastrophe vorbereitet. Holger Brenn aber schon.
Der Frührentner hat über Jahre Lebensmittel gehortet aus Angst, das Ende der Welt sei nah. Während der Kältewelle klopft eine Mutter mit ihrem Sohn an die Tür. Sie wollen nur Wasser, bleiben dann aber über Nacht.
Über dieser Situation schwelt etwas Bedrohliches. Martin Knuth lässt den Leser lange im Unklaren, woher das Unheil droht, von marodierenden Banden, vom Eigenbrötler, oder geht die Gefahr gar von Mutter und Sohn aus?
Der größte Teil der Geschichten spielt in Thüringen, andere an der deutsch-polnischen Grenze, wo Martin Knuth aufwuchs. Geboren 1984 in Görlitz, versucht er sich im Kindergarten das Lesen selbst beizubringen. Später wird er Dauergast in der Bibliothek. Als Jugendlicher
beginnt er eigene Texte zu schreiben, gewinnt beim Jungen Literaturforum Hessen-Thüringen und 2010 beim Wettbewerb „Poet bewegt“. Das Studium führt ihn nach Jena. Inzwischen verdient er seinen Lebensunterhalt als Mitarbeiter eines Jenaer Musikhauses, wo er fürs Online-Marketing zuständig ist.
Das „Raniser Debüt“, gefördert durch die Kreissparkasse Saale-Orla, verhilft nicht nur zur Erstveröffentlichung. Auch Lesungen sind damit verbunden. Die mussten zwar 2020 ausfallen, sollen aber nachgeholt werden.