Abflug ins Glück
Ralph Gebstedt triumphierte einst beim Skifliegen. Nun betreut er in Oberhof die Talente
Oberhof. Ralph Gebstedt wird wieder genau hinschauen. Schließlich werden Erinnerungen wach. „Klar blickt man da sehr gerne zurück“, sagt der einstige Skispringer des WSV Oberhof 05 vor dem Auftakt der Skiflug-WM in Planica. Auf dem slowenischen Monsterbakken feierte der 49-Jährige am 24. März 1991 mit 190 Metern den einzigen Weltcup-Triumph seiner Karriere.
Nun traut er an gleicher Stelle auch Markus Eisenbichler, gestern mit 225,5 Metern Gewinner der Qualifikation, einen Sieg beim ersten Höhepunkt des Skisprung-Winters zu. „Er kann im Moment alles und ist ein Kandidat auf den Titel“, sagt Gebstedt, der auch noch andere auf der Rechnung hat: „Auch Karl Geiger ist in der Lage, auf dem Podest zu landen.“
Wie das geht, weiß Gebstedt selbst am besten. Vor fast 30 Jahren war er nicht unbedingt als Favorit zum Weltcup nach Planica gereist. Aber der zweite Platz einen Monat zuvor auf der Skiflugschanze am Kulm deutete sein Potenzial an. „Im Training habe ich mich schwer getan. Insofern war mein Sieg das I-Tüpfelchen“, erinnert sich der heutige Oberhofer Bundesstützpunkttrainer vom SC Steinbach-Hallenberg an das für ihn denkwürdige Weltcup-Wochenende.
Im ersten Springen landete er auf dem zwölften Platz, tags darauf gelang ihm schließlich der ganz große Coup. Mit dem Sieg vor Stefan Horngacher, seit April 2019 der Bundestrainer der deutschen Adler, und dem späteren Olympiasieger
Dieter Thoma feierte Gebstedt den größten Erfolg seiner Karriere. Nach einem Sprung auf 168 Meter im ersten Durchgang gelang ihm der Abflug ins Glück. Im zweiten Versuch überflügelte er damals mit seinem 190-Meter-Satz die verdutzte Konkurrenz.
Letzter Weltcupsieg mit der Paralleltechnik
Der Triumph ist ohnehin als ein besonderer Sieg in die Skisprung-Geschichte eingegangen. Der Thüringer war nämlich der letzte Athlet, der mit der Paralleltechnik ein Weltcupspringen gewinnen konnte. Danach setzte sich der vom Schweden Jan Boklöv kreierte V-Stil durch, den auch Gebstedt erlernte. „Das waren plötzlich ganz andere Bewegungsabläufe und fast so, als würde man das Skispringen komplett neu erlenen“, sagt er über die TechnikRevolution.
Auf das Weltcuppodest sprang er aber nur noch einmal, als Dritter im Dezember 1995 im französischen Chamonix. Auch wenn drei Jahre später seine Karriere endete, dem Skispringen ist Ralph Gebstedt treu geblieben. Als Trainer in Oberhof hat er ein Ziel vor Augen: „Wir wollen es schaffen, dass bei den Männern endlich wieder ein Thüringer im Weltcup dabei ist und irgendwann um internationale Medaillen kämpft.“Die Chancen dazu stehen gut. Nach der Sanierung der Oberhofer Schanzen bieten sich dem Nachwuchs seit dem vergangenen Jahr wieder perfekte Bedingungen. Das war nicht immer so. Zuletzt wurden die Anlagen modernisiert, weshalb nun Geduld gefragt ist. „Da sind einige Jahrgänge weggebrochen“, sagt Gebstedt.
Umso wichtiger, dass die deutschen Skispringer nach wie vor in der Weltspitze mitmischen. Bessere Vorbilder kann sich Gebstedt für seine Talente nicht wünschen. Für die Skiflug-WM in Planica ist er optimistisch: „Die deutsche Mannschaft ist sehr gut aufgestellt.“