Thüringer Allgemeine (Gotha)

Die Stille auf dem Handy

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Papa immer Fußball, kann meine kleine Tochter schon sagen – da ich mich meistens nur deswegen nicht in ihrer unmittelba­ren Nähe befinde, weil ich entweder Fußball schaue, Fußball spiele oder arbeite. Wobei ich mich auch mit der Sportart beschäftig­e, deren Faszinatio­n sie noch nicht nachvollzi­ehen kann. Leni interessie­rt sich für Bagger.

Nur führt das dazu, dass ich dieses erste große Turnier als Vater nicht so bestaunen kann wie zuvor. Früher merkte man ja noch mit leichtem Stolz an, dass man selbst ein Spiel wie Ukraine gegen Nordmazedo­nien über 90 Minuten verfolgt habe. Jetzt schaffe ich es auf dem Spielplatz vielleicht mal, die Ergebnisse aufzustöbe­rn. In der einen Hand wackelt die Sandschauf­el, in der anderen verrät das Smartphone die Torschütze­n. Bis es „Papa rutschen“tönt.

Eine Anstoßzeit von 21 Uhr wie bei Deutschlan­d gegen Frankreich klingt daher verlockend, denn um diese Zeit sollten Kinder schlafen (auch wenn Leni da eine andere Meinung vertritt). Während die 0:1Niederlag­e vor meinen Augen auf dem Tv-bildschirm flimmerte, blieb es in meinen sozialen Gruppen auf dem Handy seltsam ruhig.

Daniel, der dort eigentlich Fehler kommentier­t, den Schiedsric­hter kritisiert, die Kommentato­ren bemängelt, manchmal über das Design der Trikots herzieht, meldete sich erst am nächsten Tag. Mit einem Foto, auf dem er seine in der Nacht geborene Tochter auf dem Arm hält.

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