Dann hebt er ab
Warum Peter Walz Überraschungen mag, aber für seine Träume nichts dem Zufall überlässt. Für die Eisenacher Zweitligahandballer macht den Kreisläufer das zum Glücksgriff.
Eisenach. Wie er in den Eisenacher Sommerhimmel schaut, packt Peter Walz etwas das Fernweh. Das Mariental im Eisenacher Süden böte einen schicken Kurs für die 800er Kawasaki. Und nochmal Amerika zu erleben, das spukt dem Motorrad-fan seit dem Ritt mit Freunden über die Route 66 durch den Kopf. Während sich einige Teamgefährten am Sonntag nach der Verabschiedung aufmachen, um irgendwo die Füße in Sand zu stecken, wird er die Polizeistiefel anziehen. Sein Urlaub ist Geschichte. Er hat ihn gegen Handball eingetauscht. Montag ist Dienstantritt in Saarbücken.
Peter Walz ist keiner, der sich darüber mokierte, zu arbeiten statt zu urlauben. Das gemeinsame Frei mit Freundin Fabienne beschränkt sich im Sommer wegen ihres Lehramtsstudiums oft auf wenige Tage. Und der Beruf gibt ihm Erfüllung. „Ich wollte schon immer Polizist werden“, sagt der kräftige Kerl von 1,91 Meter. Und es braucht nicht viel, um zu ahnen, dass sein zweiter Traumberuf Handballer sein muss. Nur war dies nicht schon immer der Fall.
Wie sein Opa, Vater und dessen Brüder setzte der Völklinger den Walz’schen Weg auf der Matte fort. Er rang. Erfolgreich. Deutscher Schülermeister wird man nicht alle Tage. Trotzdem brach Peter Walz mit der Tradition und setzte allein auf Handball. „Um beides so fortzuführen, war der Aufwand zu hoch“, sagt er. Handball als Teamsport, mit dem Gemeinschaftsgefühl, das hat den Sportschüler ein bisschen mehr gereizt. Zum Leidwesen des Opas.
Der ist nun eher stolz. Genauso wie Bruder Lars (24), der als Linksaußen im Drittliga-team der HSG Saarlouis aber auch ein wenig traurig sein wird, da nun feststeht, dass der ältere Bruder und Kapitän länger in Eisenach bleibt. Der THSV möchte, dass Walz bis 2024 bleibt. Und der Kreisläufer will es auch.
Wegen der Chance, zweite Liga spielen zu können, stürzte er sich im Februar überhaupt ins Ungewisse. Und weil der Spielbetrieb durch Corona lahmgelegt war. Zu Hause zu sitzen war nichts für ihn. „Ich hatte extrem viel Lust auf Handball“, erklärt er. Dafür gab er all seinen Urlaub her. Den vom vorigen Jahr, den von 2021 und alle Überstunden dazu, die sich bei der Bereitschaftspolizei angesammelt haben. Am Sonntag wird er auf null sein. Möglich ist das gewesen, weil er freie Tage nutzte, um die Uniform zu tragen. Und weil der Dienstherr mitspielte. Er stimmte auch zu, dass er zur Thüringer Polizei wechselt.
Der Völklinger ist dankbar dafür, für das Verständnis – und erst recht für die Kampfsport-ausbildung. Als Ringer kommt ihm am Kreis zugute, die Kraft klug einzusetzen und sich Freiraum zu verschaffen. Viel Platz braucht er nicht. Dann hebt er ab.
Quer in der Luft zu liegen, gern mal „die schweren Dinger“und dazu auch mal mit links reinzumachen ist so etwas wie das Markenzeichen des 27-Jährigen. „Man sagt mir nach, dass ich ein gutes Körpergefühl habe“, meint er. Das richtige Fallen – für einen Ringer Routine.
Mehr beeindruckt, wie schnell der Blondschopf angekommen ist. „Peter ist vier, fünf Monate hier. Man glaubt, es seien Jahre“, sagt René Witte. Der Manager sieht ihn als Eckpfeiler für die Zukunft.
Dass alles so glatt lief, überrascht Walz manchmal. Klar, als der Anruf vom sportlichen Thsv-leiter Maik Nowak vor gut vier Monaten kam, wusste er, worauf er sich einlassen würde. Er kennt aus besseren Saarlouiser Zeiten die zweite Liga, die Aßmann-halle und Eisenach, bei dessen Team am Kreis gerade große Not herrschte. Doch auf seiner Position ist er auf Zuspiele angewiesen.
Und die Chemie stimmte. Von Anfang an. Nach dem Anruf jedenfalls fuhr Peter Walz am Sonntag nach Eisenach, trainierte zwei Tage mit, fuhr heim und lief am Freitag schon mit auf. Nun spielt er im Stamm. Alles nicht selbstverständlich. „Markus Murfuni hat mir Riesenvertrauen geschenkt“, sagt er.
Für den Coach ist das zurückgezahlt. Er hebt die Einstellung Peter Walz‘ hervor, die Robustheit, seine Härte: „Er ist ein wichtiger Part der Mannschaft.“Er sieht ihn als Ansprechpartner für jeden, als Sprachrohr, ohne Lautsprecher zu sein. Mit seinem Kampf „passt er gut zu Eisenach“, findet Murfuni. Ein Kerl eben, den man braucht.
Lob hört Peter Walz gern, es scheint aber so geballt beinahe zu viel des Guten für den bodenständigen Saarländer. Freilich, die Kämpfernatur zieht sich durch jede Faser der 105 Kilo. Er ist aber nicht der, der sich deshalb im Vordergrund sähe. Und schon gar nicht fehlerfrei. Einige der 22 Fehlwürfe, die seine Statistik neben 56 Toren in 19 Spielen aufweist, ärgern ihn. Und besser, ginge es ohnehin immer“, so Walz.
Das muss auf Mittwoch bezogen werden. Nach dem enttäuschenden 23:33 gegen Großwallstadt sind er und sein THSV in der Pflicht, sich zum Abschluss von einer besseren Seite zu zeigen. Peter Walz wird alles reinwerfen. Er, der Vorkämpfer. Der seinen Traum lebt. Und dessen gemeinsamer Traum mit Eisenach lebt: die Rückkehr in die erste Liga.
Fernweh darf dafür etwas warten.