Thüringer Allgemeine (Gotha)

Nackt schläft sich’s schlechter

Oberärztin Andrea Kemper aus Apolda gibt Tipps für ruhige Nächte trotz Hitze

- Von Ingo Glase

Erfurt. Die warmen Nächte der vergangene­n Tage haben viele Menschen schlecht schlafen lassen. „Erstaunlic­herweise gibt es nicht viele wissenscha­ftliche Untersuchu­ngen zu diesem Thema“, wundert sich Andrea Kemper, Oberärztin im Robert-Koch-Krankenhau­s Apolda.

Aber die Grundlagen sind ihr natürlich bekannt: „Im Schlaf sinkt normalerwe­ise die Körpertemp­eratur, etwa um ein Grad“, erklärt die Schlafmedi­zinerin zum Tag des Schlafes am 21. Juni. „Das klappt bei kühlen Temperatur­en prima, 16 bis 18 Grad Celsius sind ideal. Wenn man nun 28 Grad Celsius im Schlafzimm­er hat, kann sich der Körper schlecht abkühlen. Allein das lässt uns schlechter schlafen.“

Auf die Bettdecke, das Negligé oder den Pyjama zu verzichten, sei aber keine gute Idee, warnt die Ärzman tin: „Gerade in der Rem-Phase, dem Traumschla­f, fällt dem Körper die Temperatur­regulierun­g schwer. Wer nackt oder ohne Decke schläft, riskiert bei offenem Fenster oder dergleiche­n eine leichte Auskühlung des Körpers. Deswegen empfehlen wir, auch bei Wärme auf eine leichte Decke, ein Laken oder dünne Nachtwäsch­e nicht zu verzichten.“

Klimaanlag­en und Ventilator­en im Schlafzimm­er sind ebenfalls nicht die beste Alternativ­e, so Andrea Kemper: „Prinzipiel­l ist es natürlich gut, wenn es kühler ist. Aber wenn man in der Zugluft liegt, muss sich am nächsten Morgen über einen steifen Hals oder sogar eine Erkältung nicht wundern.“

Um trotz Abendhitze gut einzuschla­fen, sei das intensive Durchlüfte­n des Schlafzimm­ers immer noch der beste Tipp, so die Oberärztin. Tagsüber geschlosse­ne Vorhänge können verhindern, dass sich der Raum stark aufheizt. Und: „Selbst im Schlafzimm­er finden sich mittlerwei­le viele elektrisch­e Geräte wie Fernseher oder Computer. Wenn sie im gängigen Stand-by-Modus laufen, erzeugen sie Wärme, die man per Knopfdruck abschalten kann.“

Feste Einschlafr­ituale helfen auch: „Alkohol gehört aber nicht dazu. Man schläft zwar schneller ein, aber schlechter durch“, warnt die Schlafmedi­zinerin. Ein zwar alkoholfre­ier, aber eisgekühlt­er Schlummert­runk sei ebenso kontraprod­uktiv wie die eiskalte Dusche: „Dadurch verengen sich die

Gefäße – auch in der Haut. So kann der Körper die innere Wärme schlechter abgeben.“Deshalb lieber lauwarm duschen, rät sie.

Aber nicht nur Hitze, auch Corona lässt uns schlechter schlafen: Einer Studie zufolge hat sich in der Pandemie bei zwei Dritteln der Deutschen das Schlafverh­alten verändert. „Über die Hälfte der Befragten hat angegeben, sich morgens nicht ausgeruht zu fühlen“, weiß Andrea Kemper. Homeoffice und die ganztägige Kinderbetr­euung zu Hause sind nur zwei Gründe dafür. „Durch die fehlenden Ausgangsmö­glichkeite­n haben viele länger Fernsehen geschaut – und sind dadurch später ins Bett gegangen.“

Einige Menschen schlummern aber durch das Homeoffice sogar besser als gewöhnlich – „wenn beispielsw­eise lange Fahrten zur Arbeit wegfallen und sie dadurch morgens länger schlafen können“.

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FOTO: INGO GLASE Oberärztin Andrea Kemper

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