So regeln die deutschen Großkonzerne mobile Arbeit
Umfrage: Die Mehrheit der 30 im Dax notierten Unternehmen will Entscheidungsfreiheit der Beschäftigten stärken
Berlin. Die Corona-Pandemie hat beim Wandel am Arbeitsplatz den Turbo gezündet. Viele Unternehmen haben technisch nachgerüstet, das oftmals abstrakte Modell der mobilen Arbeit wurde in kurzer Zeit Realität – und wird es wohl auch nach der Pandemie bleiben.
Deutschlands Großkonzerne planen jedenfalls mehrheitlich fest damit, dass in Zukunft viel mehr von zu Hause oder unterwegs gearbeitet wird. Das geht aus einer Umfrage unserer Redaktion unter den im Deutschen Aktienindex (Dax) notierten Unternehmen hervor. Alle 30 Konzerne nahmen daran teil.
22 Konzerne bekundeten ihr Interesse, die Zahl der mobilen Arbeitstage künftig erhöhen zu wollen. In den meisten Fällen wird über eine konkrete Vereinbarung derzeit verhandelt. Bei HeidelbergCement sind die Verhandlungen mit der zum 1. April in Kraft getretenen Betriebsvereinbarung bereits abgeschlossen, Beschäftigte können nach Auslaufen der gesetzlichen Homeoffice-Pflicht nach Angaben einer Sprecherin weiterhin zwei bis drei Tage pro Woche im Homeoffice arbeiten.
Der nach Marktkapitalisierung wertvollste deutsche Konzern, SAP, überlegt derzeit sogar, dass künftig alle fünf Tage mobil gearbeitet werden könne. Schon vor der Pandemie galt die Softwareschmiede als
Vorreiter der mobilen
Arbeit, bis zu vier Tage konnten Beschäftigte mobil arbeiten. Auch beim Energietechnikkonzern Siemens Energy könne nach Angaben eines Sprechers an bis zu fünf Tagen mobil gearbeitet werden – vor der Krise war das nur an zwei Tagen möglich. Andere Konzerne setzen auf flexible Lösungen. „Voraussetzung dafür ist eine Kultur des Vertrauens, in der das Ergebnis zählt und nicht die physische Anwesenheit im Büro“, sagte eine Sprecherin von Henkel.
Beim Münchner Versicherungsriesen Allianz hat man positive Erfahrungen mit der Arbeit aus den eigenen vier Wänden gesammelt. „Wir kehren daher sicher nicht zurück zum Zustand vor Corona, sondern wollen hin zu einem neuen Arbeiten in einer neuen Normalität“, sagte Renate Wagner, Personalvorständin der Allianz Deutschland, unserer Redaktion. Ziel müsse es sein, das Beste aus den beiden Welten der mobilen Arbeit und des Büros zu verbinden. Daher arbeite man an „attraktiven Bürokonzepten“, sagte Wagner.
Das Büro – es wird vielerorts nicht mehr so aussehen wie früher. „Wir planen derzeit eine architektonische Umgestaltung unserer Büros“, sagte eine Siemens-Sprecherin. Und bei der Deutschen Telekom
sollen Büroflächen zu „Orten der Begegnung für den kollaborativen Austausch und zur Förderung der Kreativität umgestaltet“werden, teilte ein Sprecher mit.
Um ihre Beschäftigten im Homeoffice auszurüsten, setzt die Mehrheit der Dax-Konzerne darauf, dass notwendige Materialien, etwa Laptops, mit nach Hause genommen werden dürfen. Finanzielle Zuschüsse für die HomeofficeAusrüstung sind dagegen die Ausnahme. Nur die Allianz, Delivery Hero, Infineon und die Münchener Rück bezuschussen explizit den Erwerb von eigener Ausrüstung. Der Halbleiterhersteller Infineon zahlt dabei einmal 250 Euro, die Allianz zahlt 300 Euro, der Essenslieferant Delivery Hero zahlte nach Angaben einer Sprecherin 600 Euro.