Der lebende Spickzettel
Am Theaterhaus Jena hat das Familienstück „Der Mann, der alles weiß“in der Regie von Jetse Batelaan Premiere
Es hätte ein großer Auftritt werden können für den „Mann, der alles weiß“am Freitag im Theaterhaus Jena. Oliver Jahn hatte ihm eingangs musikalisch den roten Teppich ausgerollt, ihn besungen: „Er verschlang sein Leben lang, Millionen Büchelein. Deshalb heißt er jetzt, der Mann der alles weiß und nie vergisst, wie etwas heißt“.
Die Erwartungen bei Groß und Klein im Publikum waren entsprechend groß. Und dann stand er auf der Bühne, jener Mann mit dem übergroßen Ego, und begann zur Demonstration seines Wissens zu zählen. Mit großen Lücken, aber dennoch bemüht. Dann noch in
Englisch und folgend in Französisch. Es folgte das Aufzählen von Farben, dann von Familienmitgliedern, Milchprodukten, Wettererscheinungen, Ländern, Möbelstücken, Weltraum. Alles, was ihm zu den jeweiligen Thema spontan einfiel. Allerdings war das meist stockend und nicht allzu viel.
Redlich war die Assistentin (Pina Bergemann) bemüht, ihm dezent auf die Sprünge zu helfen mit vielfarbigen Kostümen und völlig absurden und überdimensionalen Hilfsmitteln (Kostüme: Liesbet Swings). Denn wenn jener Mann, herrlich dargestellt von Walter Bart, eines nicht leiden kann, dann sind es Klugscheißer. Beispielsweise betritt sie völlig bepackt mit Einrichtungsgegenständen
– mit allem, was ein Wohnzimmer zu bieten hat –, als lebender Spickzettel für den großen Meister die Bühne.
Darin liegt die eigentliche Komik des Familienstücks von Regisseur Jetse Batelaan. Der Niederländer (Jahrgang 1978) zählt aktuell zu den unkonventionellsten Vertretern einer neuen Generation von Theaterschaffenden in Europa. Seine Inszenierungen überzeugen mit überbordender Fantasie und absurder Komik.
Mit „Der Mann, der alles weiß“kehrt Batelaan, der inzwischen mit dem silbernen Löwen der Theaterbiennale Venedig ausgezeichnet wurde, nach der „Vorstellung, in der hoffentlich nichts passiert“von 2018 wieder ans Theaterhaus Jena zurück.
Schon damals ging es um „Alles“und „Nichts“, und so ist es auch diesmal mit dem Wissen oder Nichtwissen. Batelaan kommt ohne große Dialoge aus, setzt statt dessen auf starke Bildsprache, was dazu führt, dass selbst die jüngsten Theaterfans die Botschaft verstehen und sich köstlich amüsieren. Am Ende heißt es „Er wusste alles fast, der Wissens-Enthusiast“, und es reift die Erkenntnis, dass wir sehr wenig wissen.
Nach drei Nachmittagsvorstellung wechselt das Stück nun in die nächste Spielzeit. Geeignet für Kinder ab vier Jahren.