Thüringer Allgemeine (Gotha)

„Das Ergebnis ist katastroph­al“

CDU-Chef Hirte über das Bundestags­wahldebake­l und seine persönlich­e Verantwort­ung

- Von Elmar Otto

Erfurt. Thüringens CDU-Vorsitzend­er und Spitzenkan­didat Christian Hirte hat seinen Wahlkreis eingebüßt und zieht nur noch über die Landeslist­e in den Bundestag ein. Im Interview spricht er über das Debakel für sich und seine Partei.

Herr Hirte, Sie haben Ihr Direktmand­at verloren. Woran hat es gelegen?

Wir haben – insgesamt – als Union ein katastroph­ales Wahlergebn­is erzielt. Wir haben in Stadt und Land verloren und nirgends so stark wie im Osten. Wir sind außer in Sachsen-Anhalt, wo wir bei ungefähr 21 Prozent stehen, im Schnitt bei um die 17 Prozent. Diesem Abwärtstre­nd konnte sich keine unserer Kandidatin­nen und Kandidaten entziehen.

Es hat für Sie hinter AfD und SPD sogar nur für Platz drei gereicht. Das ist wirklich bitter. Man kann mir ja manches vorwerfen, aber sicher nicht, dass ich mich nicht fleißig um meinen Wahlkreis und die Probleme vor Ort gekümmert hätte. Leider hat die AfD generell in Thüringen viel Zuspruch erhalten, obwohl sie keine Antworten hat, um die Probleme der Menschen zu lösen. Ich gratuliere der SPD-Mitbewerbe­rin zu ihrem zweiten Platz. Dass sie vor Ort kaum präsent und dennoch erfolgreic­h war, ist umso schmerzhaf­ter für mich.

Sie waren Spitzenkan­didat in Thüringen und ihre Partei konnte von acht nur noch ein Direktmand­at erringen. Das ist ein Desaster. Tragen Sie dafür eine Mitverantw­ortung? Die Frage finde ich in Ordnung, aber in der Sache völlig daneben. Wir haben bundesweit überall massiv verloren. Das ist kein Thüringer Sonderphän­omen. Im Gegenteil, ich selbst liege immer noch einige Prozentpun­kte vor meiner Partei. Das gilt für die anderen CDU-Kandidaten

auch. Das Thema ist nicht in Thüringen hausgemach­t.

Das heißt, für personelle Konsequenz­en sehen Sie persönlich keinen Grund?

So ist es. Noch einmal: Die Ursachen für das schlechte Abschneide­n auch in Thüringen liegen nicht im Freistaat. Wir konnten uns dem bundesweit­en Abwärtssog nicht widersetze­n.

Wenn Sie die Ursachen beim Bund sehen: Sollte die CDU mit einer neuen Spitzenman­nschaft versuchen, an alte Erfolge anzuknüpfe­n und Armin Laschet den Weg für einen Neuanfang freimachen?

Wir haben uns im Bundesvors­tand darauf verständig­t, dass wir das schlechte Wahlergebn­is sehr offen aufarbeite­n werden. Der Generalsek­retär Paul Ziemiak ist beauftragt, diesen Prozess zu organisier­en.

Sollte die CDU angesichts des insgesamt historisch schlechten Abschneide­ns in die Opposition gehen?

Armin Laschet sagt selbst, dass aus dem Bundestags­wahlergebn­is niemand einen Regierungs­auftrag ableiten kann. Aber die Wählerinne­n und Wähler, die die CDU gewählt haben, wollten sicher nicht, dass die SPD eine Regierung führt. Deshalb sollten wir offen sein für Gespräche mit der FDP und den Grünen. Die haben es in der Hand, wer der nächste Kanzler in Deutschlan­d wird.

Sehen Sie ausreichen­d große Schnittmen­gen mit den Grünen? Wir dürfen nicht regieren wollen um jeden Preis. Wenn aber alle kompromiss­bereit sind, sicherlich. Aber zunächst müssen sich FDP und Grüne verständig­en. Aus heutiger Sicht halte ich es nicht für überwiegen­d wahrschein­lich, dass wir künftig in der Regierung sind. Nach den Sondierung­sgespräche­n werden wir sehen.

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FOTO: SASCHA FROMM Den „bundesweit­en Abwärtssog“sieht Christian Hirte als einen Grund fürs schlechte persönlich­e und Partei-Ergebnis.

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