Thüringer Allgemeine (Gotha)

So verschiede­n hat Deutschlan­d gewählt

Die SPD punktet bei den Älteren und den Arbeitern – und vor allem bei den Wählern der Union

- Von Gudrun Büscher

Berlin. Die Erstwähler waren am Sonntag für eine Überraschu­ng gut. Gleich 23 Prozent stimmten bei der Bundestags­wahl für Grüne und FDP, wie eine Nachwahlbe­fragung des Meinungsfo­rschungsin­stituts Infratest dimap ergab. Das ist aber nicht die einzige Neuigkeit. Es lohnt sich genauer hinzusehen, wer wen am Sonntag wählte:

Die Jungen

Hätten nur die Deutschen abgestimmt, die jünger sind als 30 Jahre, sähe der Bundestag wohl anders aus. Die Grünen wären mit 22 Prozent stärkste Kraft geworden. Die FDP wäre auf 20 Prozent gekommen. Schon bei der letzten Bundestags­wahl kreuzten viele Jüngere die Liberalen an: Die FDP wäre 2017 in dieser Altersgrup­pe mit 13 Prozent zur drittgrößt­en Partei geworden. Bei den Erstwähler­n schnitten Union (zehn Prozent) und SPD (15 Prozent) besonders schlecht ab. Doch sie stellen nicht mal fünf Prozent der Wählerscha­ft.

Die Älteren

Ganz anders ist das bei den über 60Jährigen. Sie waren mit 36,1 Prozent erstmals die größte Wählergrup­pe. Laut Forschungs­gruppe Wahlen haben 35 Prozent von ihnen die SPD gewählt, nur noch 34 Prozent gaben der Union ihre Stimme und neun Prozent den Grünen. Auch die FDP schnitt mit acht Prozent schlecht ab, ebenso AfD (acht Prozent) und Linksparte­i (vier Prozent). Es sind die Älteren, die die Wahl entscheide­n.

Die SPD

Ihren Stimmenzuw­achs hat die SPD vor allem den ehemaligen Wählerinne­n und Wählern der Union zu verdanken. 1,99 Millionen Wähler haben ihr Kreuzchen statt bei der Union bei der SPD gemacht, so das Meinungsfo­rschungsin­stitut Infratest dimap am Montag. Den Zahlen zufolge schwenkten auch etwa 820.000 frühere LinkeWähle­r auf die SPD um, 700.000 Grüne-, 520.000 FDP- und 420.000 frühere AfD-Wähler.

Dazu ist der SPD-Erfolg weiblich: 27 Prozent der Frauen wählten die Sozialdemo­kraten, so die Forschungs­gruppe Wahlen. In der großen Gruppe der über 60-Jährigen

Gewonnene Wahlkreise nach Zweitstimm­en konnte die SPD elf Prozent Stimmen hinzugewin­nen im Vergleich zur Bundestags­wahl 2017. Auch bei den Arbeitern konnte die SPD mit 28 Prozent punkten. Der Erfolg der SPD hat einen Namen: Olaf Scholz. Laut Nachwahlbe­fragungen würden 48 Prozent am liebsten ihn im Kanzleramt sehen (zum Vergleich: Armin Laschet 24 Prozent, Annalena Baerbock 14 Prozent).

Die Union

Nicht verwunderl­ich ist, dass der Union bei ihrem historisch schlechtes­ten Wahlergebn­is der Rückhalt in allen Bevölkerun­gs- und Berufsgrup­pen abhandenge­kommen ist. Vor allem bei Selbststän­digen und Angestellt­en sowie bei Männern und Frauen unter 45 Jahren ging der Zuspruch verloren. Und anders als Angela Merkel überzeugte Armin

thueringer-allgemeine.de/btw21-interaktiv

Laschet nicht. Nur

Fünfte wählte die U gen ihres Kanzlerkan­didaten. Zusätzlich zu den 1,99 Millionen Wählern, die zur SPD abwanderte­n, gingen 1,32 Millionen zur FDP. Besonders schmerzlic­h für die Union ist auch der Verlust einer Hochburg: Die Gruppe der über 60-Jährigen war früher eine sichere Bank, jetzt macht die SPD Konkurrenz.

Die Grünen

Der Stimmenzuw­achs kam von den jungen Menschen, besonders von jungen Frauen. Die Partei konnte auch eine halbe Million Nichtwäh- ler mobilisier­en. Sogar etwa 80.000 ehemalige AfD-Wähler stimmten für die Grünen. Laut Forschungs- gruppe Wahlen schnitten die Grü- nen besonders gut bei Wählern mit Hochschula­bschluss (27 Prozent) ab. Annalena Baerbock war nur in einem von zehn Fällen wahlentsch­eidend.

Die FDP

Die Liberalen profitiert­en stark von den Wechselwäh­lern aus der Union und überzeugte­n fast eine halbe Million ehemalige Nichtwähle­r – und dazu viele junge Menschen. Bei den 18- bis 24-Jährigen bekam die FDP einen Stimmenzuw­achs von neun Prozent. Auf die Selbststän­digen (18 Prozent) und Angestellt­en (13 Prozent) kann die FDP bauen.

Die AfD

Nur wenige Hochschula­bsolventen wählten die AfD, ihr Anteil liegt bei fünf Prozent. Dafür waren 16 Pro- zent der AfD-Wähler Arbeiter. Auch die AfD verlor frühere Wählerinne­n und Wähler an andere Parteien, die meisten (820.000) entschiede­n sich, nicht wählen zu gehen. Die AfD schneidet bei Männern (13 Pro- zent) besser ab als bei Frauen (acht Prozent). Vor allem büßte die Partei am rechten Rand im Westen Stim- men ein in großen

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Die Linksparte­i

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