Zwischen Jubel und Desaster
Nach der Bundestagswahl ziehen Parteien im Landkreis Gotha erste Bilanz
Gotha. Die politische Karte Thüringens hat eine neue Farbgestaltung bekommen. Sie ist blauer geworden. Dazu hat auch der Gewinner des Direktmandats im Wahlkreis 192 Gotha – Ilm-Kreis durch Marcus Bühl bei der Bundestagswahl am Sonntag beigetragen – einer von vier Wahlkreisen, der in Thüringen an die AfD ging.
Bisher galt Gotha als rote SPDHochburg. Das Abschneiden ihres Kandidaten Michael C. Müller wertet Gothas Landtagsabgeordneter Matthias Hey dennoch als „überaus achtbares Ergebnis“. Müller sei im Wahlkreis nur knapp Bühl unterlegen. In Gotha habe Müller 29,2 Prozent der Erststimmen errungen, mehr als eintausend Stimmen vor der AfD. Nach dem Rückzug von Stephan Kramer, Chef des Thüringer Verfassungsschutzes, sei Müller „der oft belächelte unbekannte Kandidat“gewesen, erinnert Hey. Außerdem habe er gut fünf Prozent mehr als der bisherige Abgeordnete Tankred Schipanski (CDU) geholt. an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert sind, nur durch bundesweit drei gewonnene Direktmandate wieder in Fraktionsstärke in den Bundestag einziehen. Gothas amtierende Kreisvorsitzende Doris Wiegand nimmt auch etwas Positives vom Wahlwochenende mit: In Gotha hat sich die Jugendgruppe der Linken, Solid, neu gegründet, nachdem diese in der Versenkung verschwunden war. Wiegand wertet das als Indiz, dass die Linkspartei ihre Jugend mobilisieren kann. „Das gibt Hoffnung für die Zukunft, dass wir wieder aus den Pötten kommen.“
Staunen und Jubel ob des guten Abschneidens in Thüringen hingegen bei der AfD. „Am Abend war ich noch sprachlos“, räumt Jens Fiedler, Vorsitzender der AfD-Stadtratsfraktion Gotha, ein. Überraschend komme der Erfolg nicht. Während des Wahlkampfs habe die AfD an fast 200 Infoständen, das Gespräch mit Bürgern gesucht und sehr viel Zustimmung erfahren; Fiedler: „Da wussten wir schon, in welche Richtung es geht.“
Nicht nur auf dem Land ist die AfD vorn, Spitzenwert in Westhausen mit 45,8 Prozent bei den Zweitstimmen, sondern auch in mehreren Gothaer Stadtteilen wie Ost, Wahllokal Gemeinschaftsschule mit 36,3 Prozent bei den Zweitstimmen. Fiedler ist überzeugt, dass sich Bühl als Mitglied des BundestagHaushaltsausschusses wie in der vergangenen Legislatur für den Landkreis einsetzen werde.