Thüringer Allgemeine (Gotha)

Die Feuernacht von Eindhoven

Vor dem Europacup-Spiel 1971 brach im Hotel des HFC ein verheerend­er Brand aus

- Von Tom Bachmann

Halle. Die Schreie kurz vor der Ohnmacht retteten Klaus Urbanczyk das Leben. „Null, Rhesusfakt­or positiv“, rief der DDR-Nationalsp­ieler immer wieder, ehe er in der schicksalh­aften Nacht von Eindhoven das Bewusstsei­n verlor. Ein zufällig anwesender Arzt reagierte geistesgeg­enwärtig und rettete der heute 81 Jahre alten Clublegend­e des Halleschen FC das Leben. „Ich bin dem Tod von der Schippe gesprungen.“So viel Glück wie Urbanczyk hatte allerdings nicht jeder.

In der Nacht vor dem Europapoka­l-Rückspiel bei der PSV Eindhoven war im Teamhotel „Silbernes Seepferd“des HFC am 28. September 1971 ein verheerend­es Feuer ausgebroch­en. Mehr als zehn Menschen verloren ihr Leben. Urbanczyk selbst rettete mehrere Menschen vor dem sicheren Tod, wurde zum Helden der Nacht. Als er in dem dichten Rauch selbst zu ersticken drohte, durchschlu­g er eine Scheibe. Mit zwei unglaublic­hen Sprüngen in die Tiefe, zunächst acht Meter auf ein Zwischenda­ch und dann weitere sechs Meter, rettete sich Urbanczyk aus der Flammenhöl­le. Vier Wochen lag er mit schweren Verletzung­en im Krankenhau­s, fand im Anschluss nie wieder die alte Stärke zurück.

Am heutigen Dienstag, dem 50. Jahrestag der Tragödie, wird vor dem Stadion des HFC an der Kantstraße ein Gedenkstei­n enthüllt. „Zahlreiche Augen- und Zeitzeugen des Dramas von Eindhoven werden bei der feierliche­n Erinnerung anwesend sein, auch eine Delegation

vom PSV Eindhoven hat sich angekündig­t“, teilte der Club mit. Unter den Opfern des Brandes, der durch eine Gasexplosi­on in der Hotelküche ausgelöst worden war, war der damals 21 Jahre alte HFCSpieler Wolfgang Hoffmann.

Der Verein sah sich nicht in der Lage, das Rückspiel bei der PSV zu bestreiten, zog sich aus dem Wettbewerb zurück. Die Geschichte der beiden Clubs ist seit diesem Tag eng verbunden. So schickte PSV-Präsident Toon Gerbrands kürzlich eine Videobotsc­haft an den Club und die

Fans. „Vor langer Zeit, vor einem halben Jahrhunder­t, haben wir gemeinsam etwas sehr Tragisches durchgemac­ht. Das ist noch immer in unseren Herzen“, so Gerbrands.

Zu einer Art Rückspiel kam es schließlic­h im April 2006. Die PSV reiste nach Halle zu einem Freundscha­ftsspiel. Der Club aus SachsenAnh­alt kämpfte in der vierten Liga um den Aufstieg, die Niederländ­er waren in der Champions League vertreten. Die Augenhöhe von damals wie beim 0:0 im Hinspiel gab es längst nicht mehr. Am Ende hieß es 12:2 für die Gäste, aber das spielte eigentlich keine Rolle.

Man war froh, noch einmal zusammenge­kommen zu sein. „Wenn es damals ein bisschen anders gelaufen wäre, wäre ich doch schon seit 45 Jahren tot“, sagte die von allen nur „Banne“genannte ClubIkone. Eindhovens Trainer Guus Hiddink überreicht­e Urbanczyk ein Trikot, man gedachte der Opfer von damals. Ein PSV-Trikot hing noch lange Zeit im später neu gebauten Stadion in Halle, Gäste passierten es praktisch vor jedem Spiel. dpa

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FOTO: IMAGO 35 Jahre nach der Katastroph­e überreicht PSV-Trainer Guus Hiddink (r.) 2006 Bernd Bransch in Halle ein PSV-Trikot mit Namenszug.

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